
Die Trikots der deutschen Nationalmannschaft sind beliebt wie lange nicht mehr. Vor allem das umstrittene pinke Auswärtsshirt avanciert zur Heim-EM zum Verkaufsschlager. Schon im März hatte Ausrüster Adidas bekannt gegeben, dass das bunte Trikot den besten Verkaufsstart eines deutschen Auswärtstrikots jemals hingelegt habe. Viele Fans wollen offenbar beim Turnier im eigenen Land ausgestattet sein – und lassen sich auch von dem stolzen Preis für das Jersey nicht abschrecken.
100 Euro kostet ein Trikot – und damit 10 Euro mehr als noch bei den letzten großen Turnieren 2018, 2021 und 2022. Aber wie kommt dieser Preis zustande? Und wie viel kommt bei denen an, die die Shirts produzieren?
Wie viel Adidas an jedem verkauften Trikot verdient
Sportmarketingexperte Peter Rohlmann hat im Rahmen der SWR-Sendung „Marktcheck“ vorgerechnet, wie sich der Preis für den DFB-Dress zusammensetzt. Ausrüster Adidas verdient an jedem verkauften Trikot 19,80 Euro. Der größte Anteil geht an den Einzelhandel, der 40,77 Euro erhält – außer die Fans kaufen das Trikot direkt bei Adidas, dann fließen 60,57 Euro an den Sportartikelhersteller. 6,50 Euro Lizenzgebühr gehen an den DFB, hinzu kommen 15,96 Euro für Steuern sowie 2,90 Euro für Werbung und 2,77 Euro für Vertrieb.
Interessant: Nicht einmal ein Achtel des Trikotpreises entfallen auf die reinen Produktionskosten. Die liegen bei 11,30 Euro. Darunter fallen beispielsweise Material- oder Lohnkosten bei den Herstellern und Zulieferern. Einer Schätzung des Oikos-Instituts zufolge kommt nur ein Prozent des Trikotpreises bei den Näherinnen und Nähern, die überwiegend in Asien sitzen, an. Das wäre bei dieser EM ein Euro pro verkauftem Trikot. Genau sagen lässt sich das allerdings kaum, da die Löhne in den Herstellungsländern variieren und teilweise schwer nachzuverfolgen sind.
Adidas lässt in Billiglohnländern produzieren
Produzieren lässt Adidas von „unabhängigen Herstellern“ im Ausland, um Kosten zu sparen. Auf seiner Webseite veröffentlicht das Unternehmen aus Herzogenaurach Listen der Zulieferfabriken. Die DFB-Trikots werden in Kambodscha, China, Georgien, Indonesien, Pakistan, Thailand und Vietnam produziert – Länder, in denen sehr niedrige Löhne gezahlt werden.
Adidas schreibt zwar in seinem Geschäftsbericht 2023, dass die Zulieferfirmen ihre Angestellten teilweise deutlich über dem gesetzlich festgelegten Mindestlohn bezahlen. Doch auch das reiche oft nicht aus, wie NGOs und Gewerkschaften kritisieren. Marijke Mulder, Leiterin der Bildungsarbeit der Frauenrechtsorganisation Femnet, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) jüngst: „In den meisten Produktionsländern wie Vietnam, Kambodscha, Bangladesch oder Pakistan müsste der Mindestlohn drei- oder viermal höher liegen, um existenzsichernd zu sein.“
Teilweise kommt der Lohn offenbar auch gar nicht bei den Arbeiterinnen und Arbeitern an. Insbesondere die Adidas-Produktion in Kambodscha steht deshalb seit Jahren in der Kritik. Gewerkschaften und NGOs werfen Adidas vor, das Unternehmen habe es zugelassen, dass Arbeitskräfte in seiner Lieferkette nicht bezahlt worden seien – und unternehme bis heute nichts dagegen. Laut Schätzungen der „Kampagne für Saubere Kleidung“ schulden acht Adidas-Zulieferfabriken in Kambodscha ihren Arbeitern und Arbeiterinnen mindestens 11,7 Millionen Dollar an Löhnen und Abfindungen.
RND