Landgericht Bochum „Marvin-Prozess“: Anklägerin fordert Sicherungsverwahrung

Das Foto zeit den Angeklagten im Fall Marvin an der Seite seiner Verteidiger beim Prozessauftakt im Juni 2020. © Werner von Braunschweig
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Ein Jahr, ein Monat und vier Tage nach dem Prozessauftakt im Fall Marvin hat die Staatsanwaltschaft am Freitag am Bochumer Landgericht für den Angeklagten Lars H. aus Grullbad eine empfindliche Gefängnisstrafe beantragt: insgesamt elf Jahre Haft. Obendrein soll gegen den wegen Kinderporno-Besitzes vorbestraften 46-Jährigen die anschließende Sicherungsverwahrung angeordnet werden.

Staatsanwältin Nicole Abts ist überzeugt, dass Lars H. den anfangs 13 Jahre alten Marvin, der seit Sommer 2017 in der Wohnung des Angeklagten an der Hochstraße gelebt hat, in mehr als 400 Fällen teils schwer sexuell missbraucht hat. Darüber hinaus habe Lars H. in zigtausenden Fällen kinder- und jugendpornographisches Material besessen und verbreitet.

Der heute 16-jährige Marvin aus Duisburg war im Sommer 2017 spurlos verschwunden, nachdem er zuletzt in einer Jugend-Wohngruppe in Oer-Erkenschwick gelebt hat. Kurz vor Weihnachten 2019 war der als vermisst geltende Teenager am Rande einer Durchsuchung wegen Kinderporno-Verdachts in der Wohnung des Angeklagten in einem Kleiderschrank entdeckt worden.

Mutmaßlicher Täter seit 2019 in U-Haft

Lars H., der seit Ende 2019 durchweg in Untersuchungs-Haft sitzt, hatte in dem seit Juni 2020 laufenden Verfahren erst vor wenigen Prozesstagen sein Schweigen gebrochen, in einer von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung sexuelle Kontakte zu dem Jungen eingeräumt, aber gleichzeitig auch behauptet, er habe nur das gemacht, was Marvin ihm gesagt habe.

Kurz vor dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft sagte der Lars H. in einem Gerichtsvergleich Marvin eine Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 35.000 Euro zu. Darin verpflichtet sich der Angeklagte, ab August monatlich mindestens 20 Euro von seinem Taschengeld, das er als Häftling erhält, an Marvin zu überweisen. „Er weiß natürlich, dass er was falsch gemacht und etwas gutzumachen hat“, sagte Verteidiger Markus Kluck. Die finanziellen Verhältnisse des Angeklagten (zwölf Vorstrafen) seien aber „sehr bescheiden“.

Sämtliche Plädoyers in nichtöffentlicher Verhandlung

Die Plädoyers sämtlicher Prozessbeteiligten fanden und finden vor der 8. Strafkammer aus rechtlichen Gründen komplett in nichtöffentlicher Verhandlung statt. In den kommenden Wochen halten Nebenklage-Anwältin Marie Lingnau (13. Juli), Verteidiger Markus Kluck (14. Juli) und Verteidiger Thomas Böhmer (27. Juli) die Schlussvorträge. Am 26. August wollen die Richter (ebenfalls nichtöffentlich) das Lars H. als Angeklagtem zustehende letzte Wort entgegennehmen.

Das Urteil soll voraussichtlich am 2. September verkündet werden.

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