
Ein Gericht auf Mallorca hat für fünf junge Urlauber aus Deutschland Untersuchungshaft angeordnet, weil sie eine Deutsche vergewaltigt haben sollen. Eine Freilassung gegen Kaution lehnte ein Gericht am Sonntag ab, wie eine Justizsprecherin mitteilte. Ein sechster Urlauber aus Deutschland kam frei. Eine junge Touristin – ebenfalls aus Deutschland – soll in einem Hotelzimmer am Ballermann vergewaltigt worden sein.
Eine Anwältin hat nun nach eigenen Angaben einen Wechsel des zuständigen Ermittlungsrichters erwirkt. Der Richter, der am Samstag fünf beschuldigte Urlauber aus Deutschland in Untersuchungshaft geschickt hatte, werde auf ihren Antrag hin durch einen anderen ersetzt, sagte die Spanierin am Montag der Deutschen Presse-Agentur.
Untersuchungshaft kann in Spanien Wochen und Monate dauern. Im Falle einer Verurteilung wegen Vergewaltigung können Strafen von bis zu zwölf Jahren verhängt werden.
Die sechs Männer waren am Samstagmorgen in Handschellen in das Gericht in Palma de Mallorca gebracht worden. Dabei zogen sie ihre Hemden über den Kopf, um nicht erkannt zu werden.
Richter-Tausch: Chancen für Angeklagte verbessern sich
Da der bisher zuständige Richter Antoni Rotger als besonders rigoros und unnachgiebig gilt, verbessern sich nach übereinstimmender Einschätzung von Medien der Insel die Chancen der Beschuldigten, vielleicht schon bald auf Kaution und unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt zu werden.
Die jungen Männer könnten auch darauf hoffen, bis zu einer Entscheidung, ob es zur Anklage und zum Prozess kommt, in die Heimat zurückkehren zu dürfen. Die Anwältin sagte der dpa, sie sei es gewesen, die die Freilassung eines sechsten Angehörigen der Freundesgruppe erreicht habe, der zunächst ebenfalls festgenommen worden war.
Mallorquinische Medien berichteten unter Berufung auf Ermittlerkreise, er habe bei der richterlichen Anhörung glaubhaft versichert, er habe während der Tat auf einem Sofa geschlafen, nichts getan oder von der Tat mitbekommen. Wie viele der Verdächtigen die spanische Anwältin vertreten wird, stand vorerst nicht fest.
Neues Ermittlungsgericht
Über den weiteren Verlauf des Untersuchungsverfahrens in dem Fall entscheidet fortan das Ermittlungsgericht Nummer 5 – und nicht mehr das von Richter Rotger angeführte Gericht Nummer 8. Der Tausch wurde laut „Mallorca Zeitung“ mit dem Argument beantragt, Rotger sei zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Tat nicht der diensthabende Richter gewesen.
Rotger hatte am Wochenende die U-Haft angeordnet und eine Freilassung auf Kaution verweigert. Er war der Richter, der vor rund einem Jahr im Fall der auf Mallorca der Brandstiftung beschuldigten Hobbykegler aus dem Münsterland acht der Beschuldigten knapp zwei Monate in U-Haft gesetzt hatte. In Deutschland bezeichneten ihn manche Medien damals deshalb unter anderem als „Knallhart“-Richter.
Die „Kegelbrüder“ kamen Mitte Juli 2022 frei, als das Anwaltsteam der Gruppe – zu dem auch die Spanierin gehörte – einen Urlaub Rotgers ausnutzte, um eine Freilassung auf Kaution zu beantragen. Diese wurde von einer Vertreterin des Richters genehmigt.
Was ist der Tatvorwurf?
Nach Angaben der Polizei hatte die Frau in der deutschen Partyhochburg am Ballermann in der Nacht auf Donnerstag einen etwa gleichaltrigen Mann aus Deutschland kennengelernt. Sie habe eingewilligt, mit ihm auf sein Hotelzimmer zu gehen. An der Rezeption sei sie jedoch abgewiesen worden, weil sie dort kein Gast war.
Daraufhin seien die beiden in ein nahe gelegenes Hotel gegangen, wo fünf Freunde des Mannes ebenfalls aus Deutschland abgestiegen waren. Als diese später in das Zimmer kamen, hätten vier der Männer die Frau zu sexuellen Handlungen gezwungen. Einer der Verdächtigen habe die Tat mit seinem Handy gefilmt.
Die Frau habe sich dann in das Badezimmer geflüchtet, berichtete die Polizei weiter. Einer der jungen Deutschen habe der Frau gegenüber eingestanden, dass die Männer zu weit gegangen seien. Er habe sie überredet, sie zu dem Hotel zu begleiten, in dem Freundinnen von ihr wohnten. Von dort habe die Frau die Polizei alarmiert, die fünf Männer am frühen Donnerstagmorgen in deren Hotel und einen sechsten am Freitag festnahm. Die junge Deutsche sei zu einer Untersuchung in ein Krankenhaus gebracht worden.
Woher in Deutschland die Verdächtigen und die junge Frau stammen, wurde nicht mitgeteilt. Zuerst hieß es, dass die Tatverdächtigen aus Dortmund kommen. Wie die WAZ nun mit Bezug auf den Anwalt der Beschuldigten berichtet, kommen die fünf Männer aus dem Märkischen Kreis. Gegenüber dem WDR bestätigte ein Anwalt aus Iserlohn, der einen der Tatverdächtigen vertritt, dass die jungen Männer in Lüdenscheid und Umgebung wohnen.
Demnach hätten die Verdächtigen vor Gericht auf die Frage des Wohnortes mit „Dortmund“ geantwortet. Die Eltern der Beschuldigten seien bereits nach Mallorca geflogen, um bei der Aufarbeitung zu helfen.
Fälle in der Vergangenheit
In spanischen Medien wurden die sechs Männer teilweise als „Manada alemana“ bezeichnet, als „deutsches Rudel“. Damit wurde eine Parallele zu einer Gruppenvergewaltigung 2016 in Pamplona gezogen. Damals hatten fünf junge Männer eine junge Frau in einem Hauseingang vergewaltigt und dabei gefilmt. Ein zunächst sehr mildes Urteil gegen diese als „Manada“ bezeichneten Männer löste Demonstrationen im ganzen Land aus.
Das Sexualstrafrecht wurde in der Folge geändert. Das neue „Nur Ja heißt Ja“-Gesetz führte jedoch unerwartet zur vorzeitigen Haftentlassung vieler Sexualverbrecher und stürzte die Regierungskoalition in eine Krise.
dpa/rej/bani