
Fünf junge Männer aus Nordrhein-Westfalen sitzen auf Mallorca in Untersuchungshaft. Sie sollen eine deutsche Frau vergewaltigt haben. Die Anwältin mehrerer der Beschuldigten erwirkte einen Wechsel des Ermittlungsrichters. Was bedeutet das für die Tatverdächtigen? Und welche Strafen drohen ihnen bei einer Verurteilung? Ein Überblick.
Das ist passiert
Eine junge Frau aus Deutschland hatte in der Nacht auf Donnerstag (13. Juli) einen etwa gleichaltrigen Mann kennengelernt, ebenfalls aus Deutschland. Nach Angaben der Polizei hatte sie eingewilligt, mit ihm auf sein Hotelzimmer zu gehen. Sie seien dort aber abgewiesen worden, da die Frau kein Gast des Hotels war.
Im Anschluss waren beide in ein nahe gelegenes Hotel gegangen, wo fünf Freunde des Mannes abgestiegen waren. Nach einvernehmlichem Sex mit dem Mann erschienen in dem Zimmer nach Aussage der Frau zunächst zwei, dann drei weitere der Freunde. Vier der Männer hätten die Frau dann zu sexuellen Handlungen gezwungen. Einer der Verdächtigen habe die Tat mit seinem Handy gefilmt.
Die Frau habe sich dann in das Badezimmer geflüchtet, so die Polizei weiter. Einer der Männer habe dann gegenüber der Frau eingestanden, dass sie zu weit gegangen waren. Er habe sie überredet, sie zu dem Hotel zu begleiten, in dem Freundinnen von ihr wohnten.
Von dort habe die Frau schließlich die Polizei alarmiert, die fünf Männer am frühen Donnerstagmorgen in deren Hotel und einen sechsten am Freitag festnahm. Die junge Deutsche sei zu einer Untersuchung in ein Krankenhaus gebracht worden.
Wer sind die Täter?
Die fünf Tatverdächtigen zwischen 21 und 23 Jahren kommen aus NRW. Zuerst hatte die „Mallorca Zeitung“ berichtet, dass sie aus Dortmund kämen. Einer der Tatverdächtigen hatte die Stadt wohl bei der Befragung genannt. Wie nun mehrere Medien übereinstimmend berichten, kommen die Männer aus dem Märkischen Kreis im Sauerland.

Das bestätigt auch ein Anwalt aus Iserlohn, der einen der Tatverdächtigen vertritt, gegenüber der WAZ. Demnach kämen die Männer aus Lüdenscheid und der Umgebung.
Fünf der sechs Männer befinden sich derzeit in Untersuchungshaft. Der sechste Mann wurde am späten Samstag gegen Kaution freigelassen. Er soll einem Bericht der Onlineausgabe von „La Vanguardia“ zufolge derjenige sein, der die Frau beruhigt und zu ihrem Hotel zurückbegleitet hatte. Bei den fünf anderen ist eine Freilassung gegen Kaution nicht möglich.
Wer ist das Opfer?
Es handelt sich bei der jungen Frau Medienberichten zufolge um eine 18‑Jährige aus Hannover, die mit Freundinnen auf Mallorca Urlaub machte. Offiziell wurde die genaue Herkunft des mutmaßlichen Opfers aber bislang nicht mitgeteilt.
Wie ist der Stand der Ermittlungen?
Die Aussagen der jungen Frau konnten mit Hilfe der Mobiltelefone der Beschuldigten, die bei der Verhaftung beschlagnahmt worden sind, in Teilen bestätigt werden. Die mallorquinische Polizei fand nach Informationen der spanischen Tageszeitung „El País“ bereits eine entsprechende Aufzeichnung.
Laut der katalanischen Tageszeitung „La Vanguardia“ geht das Gericht davon aus, dass es ausreichend belastende Hinweise gibt, die belegen sollen, dass die jungen Männer das Mädchen trotz Widerstands missbraucht haben.
Mit dem Fall sind inzwischen auch Behörden in Deutschland befasst. „Wir werden ein Ermittlungsverfahren einleiten“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Hagen auf dpa-Anfrage. Dazu benötige man aber noch Informationen der spanischen Behörden. Die Staatsanwaltschaft habe Kontakt zu den spanischen Stellen aufgenommen.
Wenn Deutsche im Ausland mutmaßlich eine Straftat begingen, bestehe eine Verpflichtung zu Ermittlungen hierzulande, schilderte Oberstaatsanwalt Gerhard Pauli.
Zudem habe sich ein Zeuge gemeldet, der im Polizeigewahrsam auf Mallorca mehrere Stunden neben den fünf Tatverdächtigen gesessen und ihre Gespräche mitgehört haben will. Der Mann habe sich in Deutschland an die Polizei gewandt, sagte Pauli. Er kenne die Aussagen des Zeugen, könne sich dazu aber nicht öffentlich äußern.
Welche Strafe droht den Tatverdächtigen?
Sollten die fünf Tatverdächtigen der Gruppenvergewaltigung für schuldig befunden werden, droht ihnen eine Haftstrafe zwischen zehn und zwölf Jahren. Auf sexuelle Gewalt ohne Vergewaltigung stehen in Spanien bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug.
In Untersuchungshaft könnten sie bis zu zwei Jahre bleiben. Das gilt dann, wenn bei einer Verurteilung mehr als drei Jahre Gefängnis im Raum stehen – wie in diesem Fall.
Der Anwalt des einen jungen Mannes ist aber zuversichtlich, dass sein Mandant gute Chancen hat wieder freizukommen, wie er gegenüber der WAZerklärt. „Wenn ich es richtig weiß, sind zwei, darunter mein Mandat, nicht sehr involviert“, sagt er demnach. „Zwei Beschuldigte haben eine gute Chance.“
Welche Folgen hat der Richter-Wechsel?
Die Anwältin von drei der beschuldigten Männern hat einen Wechsel des zuständigen Richters erwirkt. Der Richter, der am Samstag fünf beschuldigte Urlauber aus Deutschland in Untersuchungshaft geschickt hatte, werde auf ihren Antrag hin durch einen anderen ersetzt, sagte die Spanierin am Montag der Deutschen Presse-Agentur.
Da der bisher zuständige Richter Antoni Rotger als besonders rigoros und unnachgiebig gilt, verbessern sich nach übereinstimmender Einschätzung von Medien der Insel die Chancen der Beschuldigten, vielleicht schon bald auf Kaution und unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt zu werden. Die „Mallorca Zeitung“ sprach von einem „Hoffnungsschimmer“ aus Sicht der mutmaßlichen Täter.
Die jungen Männer könnten auch darauf hoffen, bis zu einer Entscheidung, ob es zur Anklage und zum Prozess kommt, in die Heimat zurückkehren zu dürfen.
Allerdings sind die Aussichten für die Tatverdächtigen durch den Richter-Wechsel nicht automatisch gut. Gewalt gegen Frauen wird in Spanien sehr ernst genommen, Ermittlungen ziehen sich dort oft in die Länge.
Wie sind die Reaktionen in Spanien?
In spanischen Medien wurden die sechs Männer teilweise als „Manada alemana“ bezeichnet, als „deutsches Rudel“. Damit wurde eine Parallele zu einer Gruppenvergewaltigung 2016 in Pamplona gezogen. Damals hatten fünf junge Männer eine junge Frau in einem Hauseingang vergewaltigt und dabei gefilmt. Ein zunächst sehr mildes Urteil gegen diese als „Manada“ bezeichneten Männer löste Demonstrationen im ganzen Land aus.
Das Sexualstrafrecht wurde in der Folge geändert. Das neue „Nur Ja heißt Ja“-Gesetz führte jedoch unerwartet zur vorzeitigen Haftentlassung vieler Sexualverbrecher und stürzte die Regierungskoalition in eine Krise.
mit dpa