
Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU) wurde lange als möglicher nächster CDU-Kanzlerkandidat gehandelt, bis er schließlich seinen Verzicht erklärte. So etwas hält im Gespräch. Auch flaniert er regelmäßig über bundespolitisches Parkett und lächelt praktisch täglich in Kameras. Der Lohn der Mühe: Er ist den Menschen ein Begriff. Im NRW-Check sagten 92 Prozent der Befragten, sie hätten vom Ministerpräsidenten schon mal gehört oder gelesen. 68 Prozent von ihnen bescheinigten ihm gute oder sehr gute Kompetenz.
Davon kann seine Parteifreundin Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) nur träumen. Trotz ihres lebensnahen Arbeitsfeldes – Vieh, Felder, Wälder und Verbraucherschutz – weiß immer noch kaum jemand etwas mit ihrem Namen anzufangen. Gerade mal sieben Prozent der Bürger kennen sie, das ist der letzte Platz für ein Kabinettsmitglied im Ranking.
Nach der Halbzeit der Legislaturperiode zeigt sich im NRW-Check, einer Umfrage der nordrhein-westfälischen Tageszeitungen, wie gut die Männer und Frauen, die das Land regieren, sich in den Köpfen der Menschen verankern konnten. Gleichzeitig wird klar: Das hat nicht unbedingt etwas damit zu tun, wie viel die Bürger von den jeweiligen Kabinettsmitgliedern halten.
NRW-Check: Reul ist bekannter als Laumann
Bei der Bekanntheit liegen Innenminister Herbert Reul (CDU, 79 Prozent) und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU, 72 Prozent) auf dem zweiten und dritten Platz. Beide sind verantwortlich für öffentlichkeitswirksame Ressorts: Reul für die innere Sicherheit, Laumann für Gesundheits- und Sozialwesen, nicht zuletzt den Umbau der Krankenhauslandschaft.
Allerdings sehen die Nordrhein-Westfalen heute die Wirtschaft als das drängendste Problem überhaupt. Und dennoch hat die zuständige grüne Ministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur in den vergangenen Jahren sogar etwas an Bekanntheit verloren. Nicht mal mehr die Hälfte der Menschen (48 Prozent) kann sie heute einordnen. Im Herbst des Landtagswahljahres 2022 waren es noch 55 Prozent.
Hinter ihr liegt Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU, 40 Prozent). Gewaltig aufgeholt hat in den letzten zwei Jahren Familien- und Fluchtministerin Josefine Paul (Grüne): Fast ein Drittel der Befragten (30 Prozent) gab an, von ihr schon mal gehört zu haben. Allerdings ist das augenscheinlich wegen besonders vieler, besonders schlechter Schlagzeilen der Fall. Paul stand in heftiger Kritik nach dem Attentat von Solingen, und die Probleme in der Kita-Landschaft sind für Familien eine alltägliche Belastung.
Schulen sind ein Quell der Unzufriedenheit
Mit Lehrermangel, Sorgen um den Ganztagsausbau und schlechten Bildungsergebnissen ist auch die Situation an den Schulen ein Quell der Unzufriedenheit. Trotzdem kennt nur etwa ein Viertel der Menschen (26 Prozent) die zuständige Schulministerin Dorothee Feller (CDU). Auf einen ähnlichen Wert (25 Prozent) kommt Umwelt- und Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne). Er tritt etwa bei Diskussionen um einen zweiten Nationalpark, das Deutschlandticket und bröselnde Brücken in Erscheinung.
Noch hinter Justizminister Benjamin Limbach (Grüne, 22 Prozent) weiß nicht einmal jeder fünfte, wer Finanzminister Marcus Optendrenk ist (CDU, 18 Prozent). Auch Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU, 19 Prozent) und Europaminister Nathanael Liminski (CDU, 12 Prozent) sind der großen Mehrheit unbekannt.
Zugleich gehen Bekanntheit und Beliebtheit nicht unbedingt Hand in Hand. Für den NRW-Check sollten die Teilnehmenden auch die Kompetenz der Politiker einschätzen. Dabei gaben sie Innenminister Reul die mit Abstand besten Noten: 76 Prozent derjenigen, die ihn kannten, schätzen seine Fähigkeiten als gut oder sehr gut ein. Damit liegt er also vor seinem dem Regierungschef und vor Karl-Josef Laumann (66 Prozent). Wirtschaftsministerin Neubaur kommt auf 51 Prozent Zustimmung.
Auf den letzten Plätzen landen Schulministerin Feller (29 Prozent), Justizminister Limbach (23 Prozent) und, als Schlusslicht, Familienministerin Paul (19 Prozent). Für Landwirtschaftsministerin Gorißen wurde angesichts ihrer geringen Bekanntheit kein Wert ermittelt.
Im Mittelfeld bei der Kompetenzzuschreibung liegen Umweltminister Krischer (43 Prozent), Finanzminister Optendrenk (42 Prozent), Nathanael Liminski (39 Prozent), Ina Brandes (31 Prozent) und Ina Scharrenbach (30 Prozent).
Die Meinungsforscher befragten die NRW-Bürger auch danach, ob sie politisches Spitzenpersonal ohne Ministeramt kennen – und auch hier sind wichtige Akteure den meisten Wählern kaum ein Begriff. Am besten schneidet noch Oppositionsführer Jochen Ott (SPD) ab: 15 Prozent der Befragten gaben an, von ihm schon mal gehört zu haben. Es folgen der SPD-Landesparteichef Achim Post und CDU-Fraktionschef Thorsten Schick (jeweils elf Prozent). Politiker wie die sozialdemokratische Co-Landeschefin Sarah Philipp (sieben Prozent), die Grünen-Parteichefs Tim Achtermeyer (sieben Prozent) und Yazgülü Zeybek (vier Prozent) oder die Grünen-Fraktionsspitze Wibke Brems (sieben Prozent) und Verena Schäffer (sechs Prozent) landen allesamt im einstelligen Bereich.
Wer Henning Höne ist, als Fraktions- und Landesparteichef der Kopf der FDP in Nordrhein-Westfalen, wussten gerade mal fünf Prozent der Menschen. Auf den gleichen Wert kam Martin Vincentz, Landes- und Fraktionsvorsitzender der AfD.
Der NRW-Check ist eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der nordrhein-westfälischen Tageszeitungen.