Was Bürger in NRW vor der Kommunalwahl bewegt Schulen marode, Wohnen teuer, Busse rar

Hendrik Wüst hält Plüsch-Fuchs in der Hand
Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen verliert laut Umfrage an Beliebtheit. Am unzufriedensten sind die NRW-Bürger mit den Schulen, der Straßenqualität und der Flüchtlingsversorgung. © picture alliance/dpa | Christoph Reichwein
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Am 14. September sind in NRW rund 13,7 Millionen Menschen dazu aufgerufen, bei der Kommunalwahl ihre Stimme abzugeben. Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl gab es in ganz Ostdeutschland gerade einmal 12,6 Millionen Menschen, die an die Urnen hätten treten dürfen. Auch wenn für die Wahlentscheidung der allermeisten Bürger vor allem das ausschlaggebend ist, was sich direkt vor Ort abspielt, gilt manchen die Wahl sogar schon als erster Stimmungstest nach der Bundestagswahl.

Zwar gaben beim NRW-Check, einer Umfrage der nordrhein-westfälischen Tageszeitungen, 67 Prozent an, dass kommunale Themen für sie ausschlaggebend seien, nur 15 Prozent nannten die Bundespolitik und gerade einmal neun die Landespolitik. Allerdings erklärten zugleich 56 Prozent, dass sie bei der Kommunalwahl üblicherweise derselben Partei ihre Stimme geben wie bei der Bundes- oder Landtagswahl. Gerade einmal 27 Prozent entscheiden sich dann für eine andere Partei oder Wählergruppe.

Die Chancen der einzelnen Parteien

Die besten Chancen hat die CDU, die derzeit laut Umfragen auf 32 Prozent käme. Das wäre ein etwas schlechteres Ergebnis als bei der Kommunalwahl 2020. Damals reichte es noch für 34,3 Prozent der Stimmen. Vergleichsweise schlechter schneidet die SPD ab. Sie könnte derzeit mit 22 Prozent rechnen – deutlich mehr als auf Landes- und Bundesebene, aber auch schwächer als bei der Kommunalwahl 2020 (24,3 Prozent). Für die Grünen, die 2020 landesweit ein Traumergebnis von 20 Prozent einfahren konnten, sieht es diesmal düster aus: Sie kämen nur noch auf 14 Prozent und lägen damit gleichauf mit der AfD, die beim letzten Mal nur 5,1 Prozent verbuchen konnte. Die Linke käme landesweit auf sechs Prozent, die FDP auf drei und das BSW auf zwei Prozent. Die Meinungsforscher von Forsa weisen jedoch darauf hin, dass sich die aktuell ermittelten Parteipräferenzen in den zehn Wochen bis zur Kommunalwahl noch deutlich verändern können.

Tatsächlich wissen 57 Prozent der Befragten noch überhaupt nicht, wann die Wahl stattfindet. Noch am bekanntesten ist der Termin bei der CDU-Anhängerschaft, bei denen immerhin 57 Prozent angaben, sie wüssten wann gewählt wird. Bei der AfD sind es dagegen gerade mal 38 Prozent.

Die Kommunalwahl 2025 ist wichtiger als 2020

Dabei hat die Kommunalpolitik durchaus für viele Menschen einen hohen Stellenwert: 51 Prozent interessieren sich stark oder sogar sehr stark für das Geschehen vor Ort. 47 Prozent gaben dagegen an, weniger bis gar kein Interesse an der Arbeit im Rat und der Verwaltung zu haben. Die Bereitschaft, wählen zu gehen, ist laut eigener Aussage der Befragten, hoch: 71 Prozent gaben an, sich auf jeden Fall an der Wahl zu beteiligen. 15 Prozent halten es für wahrscheinlich. Neun Prozent tendieren dazu, nicht zur Wahl zu gehen, und fünf Prozent sind noch nicht entschieden. Das ist ein deutlich höherer Wert als die Wahlbeteiligung bei der letzten Kommunalwahl. Damals hatten gerade einmal 51,9 Prozent ihre Stimme abgegeben.

Wohl in keinem anderen Politikfeld sind die Entscheidungen so unmittelbar zu spüren wie bei den Themen, die im Ratssaal entschieden werden. Dabei werden die Spielräume der Städte und Gemeinden immer kleiner. Nach Jahren des Abschmelzens stieg zuletzt der Anteil der Kassenkredite wieder spürbar an. Die Rufe nicht nur nach einer Altschuldenlösung, sondern auch einer grundsätzlichen Reform der Kommunalfinanzen werden immer lauter. Doch wie zufrieden sind die Menschen in Städten und Gemeinden mit dem Angebot vor Ort?

Bewertung der lokalen Angebote

Positiv bewertet werden landesweit die Einkaufsmöglichkeiten. Dabei sind vor allem für viele Innenstädte die Leerstände ein riesiges Problem. Dennoch gaben 80 Prozent der Befragten an, sie seien mit den Einkaufsmöglichkeiten zufrieden – am höchsten sind die Zustimmungswerte in der Gruppe der unter 30-Jährigen. Dabei gibt es auch keine nennenswerten Unterschiede zwischen Großstädten und kleinen Gemeinden. Am zufriedensten sind im Übrigen mit 86 Prozent die Grünen-Wähler, die niedrigste, wenn auch immer noch hohe Zustimmung gab es in der SPD-Wählerschaft mit 79 Prozent.

Schon weniger Zustimmung gibt es für das kulturelle Angebot. Hier zeigt sich erwartbar, dass die Großstädter mehr aus dem Vollen schöpfen können: Während sich in kleinen Gemeinden gerade einmal 49 Prozent zufrieden äußern, sind es in den Städten ab 100.000 und mehr Einwohnern mit 71 Prozent deutlich mehr Menschen. Vergleichbar gut wird die Gesundheitsversorgung (62 Prozent) und das Angebot an Freizeit und Sporteinrichtungen (60 Prozent) bewertet.

Bei der Sicherheitslage ist ebenfalls ein Stadt-Land-Gefälle erkennbar. In den Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern – also in Köln, Düsseldorf, Dortmund, Essen und Duisburg – äußern sich mit 46 Prozent nicht einmal die Hälfte zufrieden über die Sicherheitslage. Betrachtet man stattdessen die Kommunen mit weniger als 20.000 Einwohnern fühlen sich dort 71 Prozent sicher.

Dafür klagen die Menschen dort über ein deutlich schlechteres ÖPNV-Angebot: 30 Prozent sind im kleinstädtischen Milieu zufrieden, in den Städten mit 100.000 bis 500.000 sind es mit 56 Prozent deutlich mehr, in den Städten über 500.000 sind es immerhin noch 52 Prozent. Erschreckend schlecht fällt die Bewertung der Straßenqualität aus: Drei Viertel der Befragten halten deren Zustand für inakzeptabel. Am positivsten äußern sich hier noch die Bewohner der kleinsten Kommunen mit immerhin noch 47 Prozent. Katastrophal schlecht dagegen ist die Einschätzung in den fünf größten NRW-Metropolen. Dort sind nur 16 Prozent mit dem Zustand noch zufrieden.

Infrastruktur und Wohnungsmarkt

Schlechte Noten gibt es für die Pflegeeinrichtungen (36 Prozent zufrieden) – und auch hier wird die Situation auf dem Land deutlich besser bewertet als in den Großstädten. Gleiches gilt für das Wohnungsangebot. Dieses wird von nicht einmal einem Drittel der Bevölkerung als positiv empfunden. In den Großstädten über 500.000 Einwohnern sind gerade einmal 14 Prozent zufrieden. Vor allem für die Gruppe derer, die weniger als 2000 Euro netto im Monat zur Verfügung haben, ist die Lage dramatisch: 72 Prozent sind mit dem Wohnungsangebot unzufrieden. Doch selbst in Kreisen, wo 4000 Euro und mehr zur Verfügung stehen, übersteigt die Zahl der Unzufriedenen mit 55 Prozent deutlich die der Zufriedenen mit 31 Prozent.

Bei der Integration und Versorgung der Geflüchteten ist noch viel Luft nach oben. Knapp die Hälfte der Befragten übte daran Kritik (48 Prozent), während je ein Viertel die Lage entweder als gut bezeichnete oder keine Meinung dazu hatte. Besorgniserregend auch die Einschätzung zum Zustand der Schulen. 64 Prozent kritisieren diesen, nur 17 Prozent sind zufrieden. Auch hier zeigt sich ein Gefälle zwischen Stadt und Land. In kleineren Gemeinden ist zumindest ein Drittel der Bevölkerung der Ansicht, die örtlichen Schulen seien in einem guten Zustand. In den Großstädten mit mehr als 100.000 sind es mit 16 Prozent nur halb so viele. In den Metropolen mit über 500.000 Einwohnern bewerten gerade einmal acht Prozent den Zustand als gut.

Zum Thema
NRW-Check

Der NRW-Check ist eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der nordrhein-westfälischen Tageszeitungen.

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