Scenarios Auslandsreihe Around the World: Auf nächtlicher Patrouille

In unserer Auslandsreihe "Around the World" berichten unsere Jugendreporterinnen und -Reporter von ihren Abenteuern an den unterschiedlichsten Fleckchen der Welt. © pixabay.de
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Theoretisch lassen sich in Costa Rica das ganze Jahr über die verschiedensten Schildkrötenarten dabei beobachten, wie sie für die Eiablage das Meer verlassen. Es gibt allerdings bestimmte Bedingungen, unter denen Schildkröten bevorzugt Eier legen: Kein Mondschein, ein wolkenverhangener Himmel und die mittlere Flut erleichtern den Prozess und schützen sie zudem vor möglichen Angreifern.

Tag und Nacht in Alarmbereitschaft

In der Naturschutzorganisation Cirenas, für die ich hier in Costa Rica arbeite, patrouillieren wir in zwei Schichten: morgens und abends, jeweils zur Zeit der mittleren Flut. Besonders die morgendliche mittlere Flut taucht aber häufig sehr früh auf, weshalb wir regelmäßig nachts um 3 Uhr am Strand entlang spazieren.

Hier gräbt Sarah mit einem anderen Freiwilligen bei einer nächtlichen Patrouille nach Schildkröteneiern. © Privat © Privat

Aber, typisch für Costa Rica, entlohnt uns die Natur auch nachts mit zahlreichen Wundern. Unter einem sternenklaren Himmel und herabregnenden Sternschnuppen fühlt es sich manchmal so an, als wären wir allein am Ende der Welt. Und wenn die ersten Sonnenstrahlen sich langsam ihren Weg zu uns bahnen, könnte man den Eindruck gewinnen, als wären wir im Paradies.

Auf der Suche nach Spuren im Sand

Aber tatsächlich gibt es auf unseren Patrouillen allerhand zu tun, denn es ist für Babyschildkröten nicht leicht, den Weg ins Leben zu finden. So werden die Schildkrötennester nicht nur von uns gesucht, sondern auch von Wilderern, die mit dem Verkauf der Eier als lokale Delikatesse Geld verdienen und auch Krabben bedienen sich gern an frischen Nestern.

Das bedeutet für uns: Augen aufhalten! Schildkrötennester sind nämlich gar nicht so leicht zu entdecken: Sie lassen sich lediglich durch die zurückgebliebenen Spuren der Schildkröte im Sand erkennen.

Zeugin einer Schildkröten-Geburt

Manchmal haben wir es allerdings auch einfacher und treffen die Schildkröten während der Eiablage an. Diese besonderen Momente lassen uns alle sprachlos zurück – mit Ruhe und Abstand können wir die Schildkröte dabei beobachten, wie sie mit viel Sorgfalt ein Nest ausbuddelt. Während der Eiablage selbst, können wir nähertreten, da die werdende Mama sich dann in einem Trance-Zustand befindet, der uns erlaubt, die Eier direkt unter ihr entgegenzunehmen.

Dieses kleine Kerlchen/Mädchen konnte von Sarah gerettet werden. © Privat © Privat

Bis heute ist das eine der wunderschönsten und außergewöhnlichsten Erfahrungen, die ich erleben durfte – und dank unserer eigenen Schildkröten-Kinderstube, kann ich jeder Schildkröte versprechen, dass es alle ihre Kinder lebend ins Meer schaffen. Denn das sind einige: In jedem Nest befinden sich zwischen 80 und 120 Eier!

Hilfe auf dem Weg ins Meer

In der Regel schlüpfen die Schildkröten nach 50 bis 60 Tagen. In unserer Kinderstube sind die Nester hierfür mit einem weichen Netz umgeben, da die Kleinen nicht die Möglichkeit haben, direkt von der Stube ins Meer zu gelangen. Aufgrund unserer regelmäßigen Kontrollgänge bekommen wir aber immer gleich mit, wenn ein Nest schlüpft.

Dann setzen wir die Babyschildkröten in eine kleine Box mit Sand und bringen sie zum Strand, wo wir sie 20 Fuß vom Meer entfernt freilassen können. Die Entfernung zum Meer ist dabei insofern wichtig, als dass die kleinen Schildkröten sich in ihrer Umgebung orientieren müssen, da sie in zwanzig Jahren selbst für die Eiablage zurückkehren werden.

Der Mensch als größter Feind

Und so ist jedes Schlüpfen für uns ein besonderes Ereignis – zu beobachten, wie die Babyschildkröten ihre ersten Schritte ins Leben wagen und eifrig zum Meer watscheln, ist ein rührendes Erlebnis. Der Anfang der Natur selbst. Ohne unsere Arbeit würde es durch die menschliche Bedrohung leider nur ein Bruchteil der Schildkröten schaffen, zu schlüpfen, und leider hört diese Bedrohung auch im Meer nicht auf.

Der größte Feind der Schildkröten ist der Mensch – und so wissen wir nicht, wie viele Schildkröten tatsächlich zurückkehren werden.

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