Persönliches Der Post-Geburtstag

Am Post-Geburtstag steht man dann plötzlich allein da, mit all seinen Geschenken und dem restlichen Kuchen vom Vortag. © Vlada Karpovich von Pexels
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Könnt Ihr Euch noch daran erinnern, dass man früher als Kind so aufgeregt vor dem eigenen Geburtstag war, dass man kaum schlafen konnte? Man hat sich auf die Geschenke gefreut, den Kuchen und die lieben Menschen, die einen zum Ehrentag besuchten. Oma, Opa, irgendwelche Tanten aus der Ferne und Freunde aus dem Kindergarten.

Alles war bunt geschmückt und ganz anders als die anderen Tage im Jahr. Leute haben einen angerufen oder sogar eine Postkarte geschickt und alle waren freundlicher als sonst.

Ein Tag voller Aufmerksamkeit

Es ist zwar heute nicht mehr so, dass ich vor meinem Geburtstag schlecht schlafen würde, weil ich aufgeregt bin, aber ich freue mich doch in jedem Jahr sehr darüber, einen Tag ganz für mich zu haben und bade mich mit großem Genuss in der Aufmerksamkeit, die mir zum Wiegenfest zuteil wird.

Natürlich ist es inzwischen ein bisschen anders. Ohne Mama ist man plötzlich in der Rolle der Gastgeberin und kann sich nicht mehr nur noch im Geburtstagsglanz baden, sondern muss auch ein bisschen vorbereiten, damit dieser Tag gelingt. Putzen, zum Beispiel, wenn man Besuch bekommt oder etwas Kochen oder backen, wenn man diesem Besuch auch etwas bieten möchte.

Der traurige Tag danach …

Das ist aber alles in Ordnung für mich, solange mein Geburtstag ist – ich bin ja auch gern Gastgeberin. Schlimm wird es erst, wenn diese 24 Stunden wieder vorbei sind. Vom Thron der Aufmerksamkeit gerät man in kürzester Zeit in Vergessenheit. Da bringt einem keiner mehr Kuchen vorbei und es schreibt auch niemand mehr auf meine Facebook-Timeline. Man hat in einem Jahr diese 24 Stunden und danach kann man 365 Tage warten, bis man wieder so viel Liebe und Nettigkeiten erfährt.

Ich nenne diesen Tag gerne den Post-Geburtstag. Dieser ist wie der Geburtstag auch anders als die anderen, aber alles andere als schön. Es ist nämlich der Tag, an dem es am längsten dauert, bis man wieder Geburtstag hat. Jetzt sind erstmal wieder alle anderen dran und man steht mit den Resten der Geburtstagsparty da und darf den ganzen Mist aufräumen.

Selbstmitleid statt Aufmerksamkeit

Da ist keiner mehr, der sagt: „Komm, bleib sitzen. Ich mach das für dich. Du hast doch Geburtstag.“ Vereinzelt trudeln noch Nachrichten rein, die einem nachträglich gratulieren aber generell wird es sehr still. Gefühlt stiller als es vorher war.

So schaufle ich mir am Post-Geburtstag alle Essensreste rein, die übriggeblieben sind und bemitleide mich ein bisschen. Statt in Aufmerksamkeit suhle ich mich in Selbstmitleid. Morgen wird es dann wieder besser sein. Morgen habe ich dann einfach nur noch nicht Geburtstag, aber wenigstens keinen Post-Geburtstag mehr.

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