
Demonstrationen waren bisher für mich immer eine Möglichkeit, meine politische Meinung kundzutun und gleichzeitig in der Menge der Mitprotestierenden die Erfahrung zu machen, dass ich nicht alleine mit meinen Ansichten bin.
Auf einer Gegendemo gestaltet sich dieses ganze Konzept hingegen etwas anders. Man gehört plötzlich nicht mehr zu einer Mehrheit, die sich für das fast schon gefühlt objektiv Gute einsetzt. Nein. Man ist eine Minderheit, die versucht, umso lauter zu schreien, um sich Gehör zu verschaffen und die kleine, absurde Hoffnung hegt, doch noch jemanden umstimmen zu können.
Corona bleibt ein polarisierendes Thema
Kaum ein Thema polarisiert aktuell so sehr wie Corona. Schon von Anfang an gab es diejenigen, die das Ganze nur für eine einfache Grippe hielten und die Berichterstattung für haltlose Panikmache. Gebe es wenigstens genug Wissenschaftler, die sich darin einig wären, dass Corona wirklich so kacke ist, wie die „LÜGENPRESSE“ das Ganze darstellt… ach Moment, gibt es ja. Egal, darum soll es an dieser Stelle hier gar nicht gehen.
In den vergangenen zwei Jahren hat sich aber vermutlich jeder schon in einer hitzigen Diskussion über diese Thematik wiedergefunden und musste erstaunt feststellen, dass es gar keinen Konsens gibt.
Auch wenn man selbst der Meinung ist, dass die Sachlage eigentlich nur einen logischen Schluss zulässt, gibt es dennoch Menschen, die das alles ganz anders sehen.
Der Umgangston wird zunehmend rauer
So möchte man zwar jedem seine Freiheit und Meinung lassen, bekommt aber so langsam Bauchschmerzen, wenn man sich fragt, weshalb man immer noch nicht mit der Scheiße durch ist und dann, oh Wunder, der Blick Richtung diejenigen wandert, die in einer Impfung keinen großen Sinn sehen; und vor allem nicht das Mittel, mit dem wir diese Pandemie beenden können.
Verständlich ist da, das die Gefühle an beiden Seiten langsam hochköcheln und der Umgangston rauer wird. Ich, frustriert aber irgendwie noch idealistisch, gehe also in meiner Stadt zur Gegendemonstration einer Querdenker-Veranstaltung. Schon in den ersten Sekunden koch die Wut in mir nicht nur hoch, sondern über.
Mit Luftballons aber ohne Masken
Leute stehen dicht gedrängt ohne Maske beieinander, halten ihre Kinder an den Händen und Herzluftballons in die Luft, während sie von Freiheit reden und fragwürdige politisch-historische Vergleiche ziehen. Gegen die Öffentlich-rechtlichen wird per Lautsprecher gehetzt, und ich bin einfach nur fassungslos.
Auf der einen Seite laufen einem dann diejenigen entgegen, die einem Herzchen zeigen, die anderen den Mittelfinger. Ein Laut hat sich ganz besonders eingebrannt: „Nazis raus“.
Damit meinten die mich. Ich sei ein Faschist, weil ich die Impfdiktatur befürworte, ohne für meine Rechte einzutreten. Ich solle mich doch mal solidarisch zeigen.
Beleidigungen erstmal verdauen
Ich wurde noch nie in meinem Leben als Nazi bezeichnet und muss sagen, diese Anschuldigung gilt es erstmal zu schlucken. Da verpufft die unbändige Wut, wenn man am Straßenrand steht und sich das entsetzliche Treiben anschaut. Da laufen Nazis gemeinsam mit Kindern und esoterisch angehauchten älteren Damen mit verschiedenen Männern, die bunte Landesflaggen zeigen, um noch einen Hauch Nationalismus mit einfließen zu lassen.
Und es gibt nichts, was ich tun oder sagen kann, um das zu ändern. Was ist nur aus unserer Gesellschaft geworden?