Studium Neues Semester, altes Problem: Wissenschaftliche Arbeiten

Es ist egal, wie lange man schon studiert: eine wissenschaftliche Arbeit treibt einen (fast) immer in den Wahnsinn oder? © energepic.com von Pexels
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Ich bin inzwischen so lange als Studentin an der Uni eingeschrieben, dass es schon peinlich ist, darüber zu sprechen. Ähnlich wie ab einem bestimmten Zeitpunkt im Leben keiner mehr nach dem Alter fragen darf.

Da ich eine Geisteswissenschaft studiere und wir eine Pandemie haben und ähnliche intervenierende Bedingungen herrschen, kann ich mich dennoch noch ganz gut leiden und auch ohne allzu großen Selbsthass in den Spiegel schauen.

Das Handwerk sollte eigentlich sitzen

Was ich allerdings nicht kapiere, ist die Tatsache, dass ich nach dieser ganzen langen Zeit immer noch nicht so richtig gut darin bin, eine wissenschaftliche Arbeit zu verfassen. Ich meine, das ist ja im Grunde genau das, was man an einer Universität lernen sollte. Das Handwerk meiner wissenschaftlichen Ausbildung.

Ich kann mich noch gut an meine erste Hausarbeit erinnern und wie lästig ich es damals fand, dass ich nicht frei von der Leber schreiben kann, sondern jeden noch so kleinen Satz durch eine valide Quelle belegen muss. Ich habe mich darüber geärgert, dass man gefühlt jeden Begriff erstmal definitorisch auseinandernimmt und war erstaunt und gleichermaßen geschockt, wie lange so eine Arbeit deswegen dauern kann.

Neues Thema, gleiche Fragen

Ein Leben später stehe ich wieder vor der Aufgabe, so eine Arbeit zu schreiben, und habe das Gefühl, wie bei jeder Hausarbeit, die vorangegangen ist, am Anfang zu stehen. Es drängen sich im Recherche- und Schreibprozess Fragen auf, die ich schon mindestens 50 Mal in der Vergangenheit für mich selbst beantwortet habe.

Ich verschwende immer noch Zeit mit dem Lesen von Quellen, die ich am Ende gar nicht gebrauchen kann und schaffe es auch heute noch nicht, so diszipliniert zu sein, erst mit dem Schreiben anzufangen, wenn ich mit der Recherche fertig bin.

Mein Schreibtisch sowie mein Laptop sind ein einziges Chaos. Auf etwa 20 Zetteln, die wild um mich herum verteilt sind, finden sich die Namen verschiedener Theorien und Wissenschaftler, die ich noch durcharbeiten möchte, obwohl mein Haufen Notizen, den ich bereits gemacht habe, mich wohl in die Lage versetzen würde, sogar zwei Abschlussarbeiten zu schreiben. Und dennoch, wider besseres Wissen kann ich nicht damit aufhören.

Korrekter Inhalt ist leider nicht alles

Wenn am Ende diese ganze Zeit wenigstens zuverlässig gut bewertet werden würde, dann würde es mich kaum stören, mich derart dafür krumm zu machen. Das Problem ist aber, dass am Ende trotzdem noch Müll rauskommen kann. Denn nur weil man einen roten Faden hat, ganz gut schreiben kann und sich mit dem Thema hervorragend auskennt, heißt das nicht, dass man die ganzen bescheuerten Formalia draufhat, die so eine Arbeit mit sich bringen.

Das fängt bei der Formatierung an, geht über die Schriftarten und die Art und Weise der Zitation und der Frage, welche Quellen man verwenden kann und welche nicht, bis hin zur korrekten Angabe von Internetquellen – nicht zu vergessen die aktuelle Art und Weise des politisch-korrekten Genderns!

Das einzige, was mich momentan nicht in die Verzweiflung treibt, ist der Gedanke daran, dass ein Ende langsam in Sicht ist. Ein letztes Mal muss ich mich mit der Bürokratie einer Universität rumschlagen.

Ein letztes Mal meine Zeit damit verschwenden, mich intensiv mit einem Thema auseinanderzusetzen, dass mich irgendwann mal interessiert hat, aber durch Wissenschaft jeden Funken von Interessant-Sein verloren hat. Drückt mir die Daumen, dass es sich am Ende doch noch lohnt.

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