
Wir haben sicherlich alle von den erschütternden und beängstigenden Entwicklungen in der Ukraine mitbekommen. Für jeden bedeuten diese Nachrichten etwas anderes. In unseren Großeltern lassen sie traumatische Erinnerungen aufflammen, für uns junge Menschen sind sie nahezu unbegreiflich. Krieg? Etwas Fernes, das wir nur aus Filmen und Erzählungen kannten. Frieden in Europa? Ein Zustand, den wir als Selbstverständlichkeit empfanden. Wie wertvoll und unbeständig dieses Gut von Frieden allerdings ist, begreife ich persönlich erst jetzt.
Als die ersten Nachrichten über den Einfall Russlands in die Ukraine eintrafen, fühlte ich vor allem nur Schock, Ohnmacht und Unglauben. Was kommt jetzt? Was können wir machen? Was kann ich tun?
Ukrainische Studentin ruft Hilfsplattform ins Leben
Meine Kommilitonin und enge Freundin Mariia ist Ukrainerin. Wir studieren gemeinsam in Düsseldorf, als ihr Heimatland auf einmal zum Kriegsgebiet wird. Ihre Eltern können das Land nicht verlassen, ihr bester Freund meldete sich freiwillig als Soldat. Ob sie sich wiedersehen, ist ungewiss.
Die Angst, die sie aktuell empfindet, ist für mich unvorstellbar. Davon lähmen lässt sie sich allerdings nicht. Nur Stunden nach dem Beginn der Katastrophe arbeitete sie an Antworten auf meine Fragen. Ja, man kann etwas tun. Ja, ich kann helfen.
Innerhalb weniger Tage baute sie mit einer Gruppe Freiwilliger die Plattform „Help People Leave Ukraine“ auf. Das Ziel: ukrainische Flüchtlinge, die in Europa eintreffen, mit potenziellen Helfern im Ankunftsland zu vernetzen.
Hilfestellung für diejenigen, die helfen wollen
Es gibt viele Menschen aus Polen, Deutschland, Österreich, aus ganz Europa, die gerne helfen möchten, die allerdings nicht wissen wo und wie. Auf der Website von „Help People Leave Ukraine“ bekommen sie die Möglichkeit dazu.
Hier kann jeder unkompliziert Anzeigen in unterschiedlichen Kategorien wie zum Beispiel Unterkunft, Essen und Transport erstellen. Man kann auch Geld spenden. Zu den Anzeigen gehört ein kurzer Beschreibungstext und eine Standortsangabe für das Hilfsangebot.
Ukrainische Hilfesuchende können wiederum Angebote suchen und nach Kategorie und Ort filtern. Sie können dann direkt in Kontakt mit den Helfern treten und so die Hilfe in Anspruch nehmen.
Studierende aus ganz Europa tun sich zusammen
Doch wer steht eigentlich hinter der Website? Tatsächlich wird all das entwickelt, umgesetzt und vermarktet von einer Gruppe junger europäischer Studierenden. Sie kommen aus Deutschland, Großbritannien, Österreich und Rumänien und haben alle ihren individuellen, persönlichen Bezug zur Ukraine. Für mich versinnbildlichen diese jungen Leute, das Potential, das der Idee des vereinten Europas innewohnt.
Trotz der allgegenwärtigen Angst um Freunde, Familie und Angehörige, stecken die Teammitglieder all ihre Energie in den Aufbau der Seite, angetrieben von dem Wunsch Hilfe zu leisten, dem Wunsch nicht ohnmächtig im Angesicht der Krise zu verharren.
Webseite erzielt schnelle Erfolge
Die Plattform ist seit Montagabend, den 28.02.2022, online und aktiv, nur fünf Tage nach dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine. Seitdem posten Menschen aus aller Welt.
Die auf neun Sprachen zugängliche Webseite füllt sich mit Angeboten: Mütter stellen Kinderkleidung ein, Studierende bieten Essenseinkäufe an, Familien öffnen ihr Zuhause, um Unterkunft und Zuflucht zu gewähren.
Derweil teilen engagierte Influencer die Aktion auf Instagram und Freiwillige informieren ihre Freunde und Bekannten. Was am Anfang nur eine Idee in den Köpfen junger Studierender war, füllt sich mehr und mehr mit Leben. Schon kurz nach dem Online-Gehen, handelt es sich bei „Help People Leave Ukraine“ um einen eingetragenen Verein, der Spenden sammeln darf.
Motivation, selbst tätig zu werden
Für mich ist es unglaublich, was diese jungen Menschen in kürzester Zeit erschaffen haben – was wir als junge Menschen schaffen können, wenn wir mit Überzeugung für etwas einstehen.
Dieses beeindruckende Engagement hat mich inspiriert selbst aktiv zu werden und motiviert mich, diese Seite und Geschichte mit Euch zu teilen. „Help People Leave Ukraine“ ist Antwort auf die Ohnmacht. Wir sind nicht machtlos im Angesicht der Katastrophe. Wir können etwas tun.