Persönliches Verlernt, erkältet zu sein

Der Hals kratzt, die Stirn wird warm - ist es jetzt eine normale Erkältung oder doch Corona? Das ist im Moment nicht immer ganz leicht einzuschätzen. © Polina Tankilevitch von Pexels
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Sonntagnachmittag auf der Couch. Draußen türmen sich die Wolken und zwischendurch regnet es immer wieder. Das perfekte Wetter, um einfach nur drinnen zu lümmeln und es sich gut gehen zu lassen.

Irgendwie fühle ich mich ein bisschen schlapp, schiebe es aber darauf, dass mein Körper die Sonne noch kein einziges Mal an diesem Tag gesehen hat und ich die vertikale Lage auf der Couch auch komm verlassen habe – das kann bei ungeübten Menschen durchaus schon mal auf den Kreislauf schlagen. Je länger ich liege, desto schlapper fühle ich mich aber.

Erste Symptome bringen Alarmglocken zum Läuten

Ich merke, dass meine Nase beim Einatmen leise pfeift, und ich spüre ein leichtes Kribbeln im Hals beim Schlucken. So wie der Abend fortschreitet, so schwieriger wird es durch die Nase zu atmen. Der Mund bleibt offen und das Schlucken wird immer beschwerlicher. Meine Lippen trocknen aus, ich fühle mich gerädert.

Natürlich gehen direkt alle Alarmglocken los – jetzt hat es mich doch erwischt, das Corona-Pechrad hat mich auserwählt. Im Kopf geht man direkt seine Kontakte der letzten zwei Wochen durch und schämt sich schon mal präventiv wegen der schlechten Nachricht, die man diesen Menschen überreichen muss.

Man fühlt sich ansteckend, schuldig, obwohl noch gar nichts passiert ist. Der Test, den man genau für so einen Fall zu Hause gehortet hat, gibt Entwarnung. Corona ist es nicht… oder?

Das nagende Gefühl bleibt und man macht später noch einen Test, um sich zu versichern. Auch der, negativ. Kann es sein, dass ich mir etwa eine ganz gewöhnliche Erkältung eingefangen habe? So eine, die ich früher gefühlt im Drei-Wochen-Takt hatte? So eine, mit der man sich vor Corona noch zur Arbeit geschleppt hat, um zu zeigen, was für eine ausgezeichnete Arbeitsmoral man hat und wie wenig man sich um die Ansteckungsgefahr für die anderen schert?

Fragen über Fragen

Bis jetzt sieht es so aus, als hätte ich eine stinknormale Erkältung. Nichts, was irgendjemanden in Sorge versetzen würde, nichts, was das Gesundheitsamt dazu bewegt, sich bei mir zu melden. Zum Glück!

Und doch weiß ich nach so langer Zeit gar nicht mehr, wie man mit so einer Erkältung nun umgeht. Ist der Schnupfen mein Freifahrtschein fürs Bett oder kann ich mich im Home-Office genauso gut an den Schreibtisch setzen? Hier kann ich ja nun niemanden anstecken. Bin ich krank oder nur so semi-krank und wie verhält man sich noch mal, wenn man einfach nur ein bisschen erkältet ist?

Einkaufen, ja, nein? Freunde sehen, ja, nein? Hätte ich mich vielleicht doch gegen die Grippe impfen lassen sollen? Durch die Pandemie habe ich irgendwie verlernt erkältet zu sein. Das kann ich dann ja jetzt wieder üben.

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