
In diesem Jahr feiert der Castroper Turnverein (CTV) ein bedeutendes Jubiläum: 150 Jahre seit seiner Gründung. Eine Reise durch die Geschichte dieses Vereins zeigt nicht nur die Entwicklung des Sports in Castrop-Rauxel, sondern spiegelt auch die Veränderungen und Herausforderungen wider, die die Region und ihre Menschen in den letzten eineinhalb Jahrhunderten durchlebt haben.
Erste Schritte in den 1860ern
Die Ursprünge des Castroper Turnvereins reichen bis in die späten 1860er Jahre zurück. In dieser Zeit, nach Aufhebung der sogenannten Turnsperre, schlossen sich einige begeisterte Männer in der Gemeinde Castrop zu einer losen „Turnerischen Vereinigung“ zusammen. Doch mit dem Ausbruch des deutsch-französischen Krieges 1870/71 musste dieser Vorläufer seine Aktivitäten einstellen. Die offizielle Gründung des „Turnvereins zu Castrop“ erfolgte schließlich 1874, mit dem Amtmann von Meyer als erstem Vorsitzenden. Die erste Mitgliederliste, die heute im Archiv der Stadt Castrop-Rauxel aufbewahrt wird, verzeichnet 36 Turner, die sich den ersten Statuten des Vereins verpflichtet hatten.

Der Erste Weltkrieg hinterließ tiefe Spuren im Castroper Turnverein. 52 Vereinsmitglieder zogen in den Krieg, von denen die gesamte erste Riege aus zehn Turnern ihr Leben ließ. Eine Gedenktafel mit den Namen dieser Gefallenen, die zwischen 20 und 40 Jahren alt waren, erinnert noch heute an diesen Verlust. Lange Zeit galt die Tafel als verschollen, bis sie 1999 bei Dacharbeiten wiedergefunden und restauriert wurde.
Der Zweite Weltkrieg brachte erneut große Herausforderungen mit sich. Viele Athleten und Turner mussten in den Krieg ziehen oder kamen ums Leben. Turnhallen und Sportstätten wurden zerstört, und der gesamte Verein lag nach Kriegsende brach. Doch bereits 1945 übernahm August Urschel das Amt des Vorsitzenden und beantragte die Wiederzulassung des Vereins bei den britischen Besatzungsbehörden. Ein Neuanfang wurde möglich, und der Verein erlebte in den folgenden Jahrzehnten eine beeindruckende Wiederbelebung und Expansion.
Modernisierung nach dem Krieg
Die Nachkriegszeit war geprägt von einer Phase des Wiederaufbaus und der Expansion. Unter der Führung von Wilhelm Bergmann, der von 1947 bis 1958 Vorsitzender war, gelang es dem Verein, neue Trainingsstätten zu nutzen, wie etwa die Werksturnhalle und den Sportplatz der Zeche Erin. Ein bedeutender Meilenstein in dieser Phase war 1960 die Errichtung einer Gymnastikhalle auf der Wartburginsel, die mithilfe von Fördermitteln und dem Engagement der Vereinsmitglieder gebaut wurde.
In den 1960er Jahren leitete der Verein unter dem Vorsitz von Dr. Adolf Eichholz eine Ära ein, die vom „Turnen zum Sport“ führte. Die Umstrukturierung des Vereins und die Erweiterung des Sportbetriebs um neue Disziplinen wie Volleyball, Judo und Badminton spiegelten den gesellschaftlichen Wandel wider, der den Breitensport immer stärker in den Fokus rückte. Zum 100-jährigen Bestehen des Vereins im Jahr 1974 wurde dies besonders deutlich, als das Jubiläumsprogramm zahlreiche Sport- und Festveranstaltungen umfasste, die die Vielfalt und den Zusammenhalt des Vereins zeigten.

Die folgenden Jahrzehnte waren von sportlichen Erfolgen und strukturellen Veränderungen geprägt. 1975 fusionierte der CTV mit der Paddlergilde Castrop-Rauxel, was den Verein im Kanusport weiter stärkte. Die Modernisierung und Erweiterung des Bootshauses, das Engagement in neuen Sportarten wie Karate und die Teilnahme an nationalen und internationalen Wettkämpfen zeigten, dass der Castroper Turnverein nicht nur ein Ort für Breitensport, sondern auch für ambitionierte Athleten war.
Eine besondere Herausforderung stellte die Umgestaltung der Wartburginsel in den 2000er Jahren dar. Durch den Ausbau des Rhein-Herne-Kanals und die Neubauten in der Umgebung wurde das Vereinsgelände erheblich beeinträchtigt. Doch trotz der Einschränkungen gelang es dem Verein, durch Investitionen in die Infrastruktur und Renovierungsmaßnahmen am Vereinshaus seine Aktivitäten aufrechtzuerhalten und die Anlage sogar aufzuwerten.
Verein im Wandel der Zeit
Das Jahr 2010 markierte ein weiteres bedeutendes Ereignis in der Geschichte des CTV: die originalgetreue Restauration der Vereinsfahne von 1925. Diese Fahne, ein Symbol für die langjährige Tradition des Vereins, wurde sorgfältig restauriert und bleibt auch für kommende Generationen ein sichtbares Zeichen der Verbundenheit mit der Geschichte.
Nun, 150 Jahre nach seiner Gründung, steht der Castroper Turnverein vor neuen Herausforderungen. Die moderne Vereinsarbeit verlangt nach einer Balance zwischen Tradition und Fortschritt. Mit einer neuen Vereinssatzung und der Anpassung an zeitgemäße Sportarten und Trainingsmethoden hat sich der Verein jedoch gut aufgestellt, um auch in Zukunft eine bedeutende Rolle im Sportleben von Castrop-Rauxel zu spielen.
Am Samstag, 31. August, feiert der CTV sein 150-jähriges Jubiläum mit einem Festakt unter geschlossener Gesellschaft im Maximilian-Kolbe-Haus. Gäste wie Bürgermeister Rajko Kravanja oder auch Vertreter des Stadtsportverbandes werden sich mit Grußworten an die Gäste richten.