
Ende war alles wie beim 39. Marktplatzspringen im vergangenen September: Die Konkurrenz hatte sich nach und nach aus dem Wettkampf verabschiedet und die Bühne auf dem Altstadtmarkt gehörte Rutger Koppelaar.
Mit einem Sprung über 5,70 m hatte der 29-jährige Niederländer den Belgier Ben Broeders abgeschüttelt. Koppelaar feierte den Sprung standesgemäß – mit einem Salto auf der Matte. Jetzt ließ der Mann aus Recklinghausens Partnerstadt Dordrecht die 5,80 m auflegen. So wie 2021, als er an gleicher Stelle persönliche Bestleistung sprang.
Das Publikum klatscht, AC/DC dröhnen aus den Boxen
Das Publikum auf dem Altstadtmarkt klatschte und schrie, aus den Boxen dröhnte AC/DC – an der Unterstützung fehlte es also nicht. Doch anders als im letzten Jahr scheiterte Koppelaar dreimal. Am Willen lag es nicht – der Niederländer war richtig „heiß“.
Was nicht mitspielte, war das Wetter. Nein, kein Regen. Dafür pfiff ein fieser Wind. Der rauschte mal die Breite Straße hinauf. Dann fegte er aus Schaumburg- und Kunibertistraße auf den Altstadtmarkt. „Wirklich hart“, meinte die Ukrainerin Yana Hladiychuk, Siegerin bei den Frauen. „Du weißt nie, aus welcher Richtung der Wind gerade kommt.“

Wohl noch nie brachen die Athletinnen und Athleten ihre Versuche so oft ab wie in diesem Jahr. Das Risiko, den Stab nicht perfekt setzen zu können oder beim Sprung von einer Böe erwischt zu werden, war einfach zu groß.
Kein Geringerer als Recklinghausens Rekordsieger und Rekordspringer Björn Otto, Gast bei der 40. Auflage, war deshalb schon vor Rutger Koppelaars Versuchen etwas skeptisch. „Das ist heute eine Lotterie“, sagte der 44-Jährige, der mit 6,01 m nach wie vor den Deutschen Rekord hält.
Kampfansage für das nächste Jahr
Otto sollte recht behalten. Rutger Koppelaar wurmte es dann aber doch ein bisschen. Er machte schon mal eine Kampfansage für die 41. Auflage im kommenden Jahr. „Dann springe ich hier 5,85 Meter!“ Allerdings: Ende Mai, also früh in der Saison, bei schwierigen Bedingungen 5,70 m zu springen, das ist aller Ehren wert. Die deutschen Athleten wie Raphael Holzdeppe, Torben Blech, Oleg Zernikel oder Tom-Linus Humann waren davon am Freitagnachmittag auf dem Altstadtmarkt weit entfernt.
Es waren der US-Amerikaner Matt Ludwig und der Belgier Broeders, die dem späteren Sieger lange Druck machten. Ludwig, ein guter Unterhalter, scheiterte bei seiner Recklinghausen-Premiere knapp an 5,60 m. „Toller Wettkampf, tolles Publikum. Aber ziemlich windig hier“, meinte der Mann aus Ohio.
Ben Broeders, der im vergangenen Jahr ohne gültigen Versuch blieb, kam nicht über die 5,70 m. Die hatte Rutger Koppelaar schon im ersten Versuch lässig genommen – bevor auch ihn der Wind stoppte.
Für die Siegerin ist der Sport derzeit Nebensache
Der hatte am frühen Nachmittag teilweise noch fieser geweht als am Abend. Katharina Bauer (Leverkusen) und die Dänin Line Renee Hyde scheiterten schon an 4,00 m. Die Höhe schaffte eine Athletin aus der Region: Anne Berger vom VfL Gladbeck, die zum ersten Mal eingeladen war. Die Schwedin Michaela Meijer wurde mit 4,20 m Vierte, die Dänin Caroline Bonde Holm mit der gleichen Höhe, aber weniger Fehlversuchen Zweite.

Als einzige 4,30 m übersprang Yana Hladiychuk bei ihrem Debüt auf dem Markt. Die Ukrainerin wurde mit herzlichem Applaus verabschiedet. Die 29-Jährige ist derzeit nicht nur für die eigene Leistung unterwegs, sondern immer auch für ihr Land. „Bitte denken Sie daran“, bat Hladiychuk das Recklinghäuser Publikum, „die Ukraine braucht weiter Unterstützung.“