Warum sich immer weniger Menschen ein Eigenheim leisten können und wie sich das ändern ließe

In Deutschland gibt es hohe Hürden für den Kauf von Eigenheimen. Das sollte sich Expertenangaben zufolge ändern.
In Deutschland gibt es hohe Hürden für den Kauf von Eigenheimen. Das sollte sich Expertenangaben zufolge ändern. © picture alliance/dpa
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Lediglich rund 42 Prozent aller Haushalte in Deutschland leben in den eigenen vier Wänden – weniger als halb so viele wie in Albanien oder Rumänien. Europaweit betrachtet besitzen nur in der Schweiz weniger Menschen Eigentum. „Im internationalen Vergleich liegt die Wohneigentumsquote in Deutschland auf einem sehr niedrigen Niveau“, sagt Cornelia Dörries, Sprecherin des Verbands Privater Bauherren (VPB). Doch warum ist das so? Sollte sich das ändern? Und wenn ja: Wie könnte das gelingen? Hier einige Antworten:

Warum besitzen in Deutschland vergleichsweise wenig Menschen Wohneigentum?

Dafür gebe es mehrere Gründe, die sich gegenseitig beeinflussten, erklärt Dörries. So sprechen lange Ausbildungszeiten und ein flexibler Arbeitsmarkt oft dagegen, Wohneigentum zu erwerben. Da auch die Mieten stark gestiegen sind, ist es schwierig, Eigenkapital zu bilden.

In der Regel verlangten die Banken aber, dass mindestens 20 Prozent des Kaufpreises selbst aufgebracht werden, sagt Marktexperte Till-Fabien Zalewski vom Immobilienvermittler Engel & Völkers. Hinzu kämen weitere strenge Kriterien, die die Aufnahme von Baudarlehen erschwerten.

Ein weiterer Grund für die niedrige Eigentumsquote ist das knappe Immobilienangebot, das die Kaufpreise vor allem in Ballungsräumen in die Höhe treibt. Weitere negative Faktoren sind hohe Kaufnebenkosten etwa für die Grundsteuer, für Makler und Notare sowie steigende Kosten aufgrund hoher Anforderungen ans Bauen.

Auch historische und demografische Gründe spielten eine Rolle, erklärt Matthias Günter vom Pestel-Institut: „Zuwanderer aus dem Ausland kommen in der Regel als Mieter und nicht als Eigentümer.“ Das sei schon seit Gründung der Bundesrepublik so gewesen. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste zudem schnell viel neuer Wohnraum geschaffen werden. Dabei handelte es sich überwiegend um Mietobjekte.

Wie ist das Wohneigentum verteilt?

Hier besteht ein klares Stadt-Land-Gefälle: „Städtische Regionen weisen generell eine geringere Eigentümerquote auf“, sagt Günther. „In den Top-7-Städten in Deutschland liegt die Quote bei durchschnittlich 20,9 Prozent“, ergänzt Zalewski. Das liegt unter anderem daran, dass dort viele junge Menschen leben, die ein Studium oder eine Ausbildung absolvieren. Außerdem sind die Kaufpreise oft besonders hoch.

Anders sieht es in Flächenländern aus: Spitzenreiter ist das Saarland mit einer Eigentumsquote von rund 60 Prozent. Eine Ausnahme bilden die ostdeutschen Länder. Hier leben vergleichsweise wenig Menschen in den eigenen vier Wänden, weil in der DDR Wohneigentum nur eingeschränkt möglich war und Mietwohnungen stark subventioniert wurden.

Wohneigentum korreliert zudem stark mit dem Alter und dem Einkommen: „Während die Quote bei den unter 30‑Jährigen noch gering ausfällt, verdreifacht sie sich bei den 30‑ bis 40‑Jährigen. Bei den 40‑ bis 50‑Jährigen gibt es noch mal einen deutlichen Anstieg“, sagt Matthias zu Eicken vom Eigentümerverband Haus & Grund. Mit zunehmendem Alter steige die Quote weiter an.

Der Grund dafür liegt vor allem darin, dass die Einkommen im Laufe der Jahre zulegen. Nur jeder fünfte Haushalt, dessen Nettoeinkommen unter 1500 Euro beträgt, besitzt Wohneigentum. Bei einem Haushaltsnettoeinkommen von über 4000 Euro im Monat beträgt der Anteil fast 63 Prozent. Es muss aber nicht immer das eigene Haus sein: Gut die Hälfte aller Eigentümerinnen und Eigentümer wohnen in Gebäuden mit drei oder mehr Wohnungen.

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Nicht immer ist es erstrebenswert, eine eigene Immobilie zu erwerben. Das trifft etwa dann zu, wenn das Leben sehr flexibel bleiben soll und der Wohnort häufiger gewechselt wird. Eine Mietwohnung besitzt zudem den Vorteil, dass Bewohner sich wenig darum kümmern müssen. Für die meisten Reparaturen und Sanierungen ist die Vermieterin organisatorisch und finanziell verantwortlich. Anders als beim Kauf, muss sich beim Mieten niemand überschulden. Fürs Mieten spricht außerdem, dass die angebotenen Wohnungen hierzulande in der Regel einen vergleichsweise hohen Standard aufweisen und ein starker Mieterschutz besteht. Auch gesellschaftlich hat ein großer Mietmarkt Vorteile: Damit ist oft eine soziale Durchmischung in Quartieren möglich.

Warum ist es wichtig, dass der Anteil an Eigentum steigt?

„Die Bildung von Wohneigentum ist für viele Menschen ein entscheidender Faktor im Vermögensaufbau und in der Alterssicherung“, betont Zalewski. Wer im hohen Alter zur Miete wohne, sei vergleichsweise oft von Armut bedroht, ergänzt Günther. Oft muss etwa die Hälfte der Rente für Miete und Nebenkosten aufgewendet werden. Laut Dörries sollten vor allem Menschen, die ein niedriges oder mittleres Einkommen beziehen, abgesichert werden: „Gerade solche Haushalte würden von Wohneigentumsbildung profitieren, da ihre im Ruhestandsalter zu erwartende geringe Rente nicht mit Wohnkosten belastet würde.“

Neben der finanziellen Absicherung spielten auch psychologische und emotionale Faktoren eine Rolle, meint zu Eicken: „Eigentum bietet mehr Freiheiten bei der Gestaltung und Nutzung der Immobilie, was zu einer höheren Zufriedenheit führt.“ Vor allem junge Familien wollten sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen, sagt er.

Was müsste geschehen, damit die Eigentumsquote steigt?

„Um den Erwerb von Eigentum zu fördern, müssen die Einstiegshürden beim Kauf abgebaut werden“, fordert Zalewski. Zu Eicken fordert eine Absenkung der Grunderwerbssteuer. Für Erstkäufer sollte sie ganz entfallen. Günther schlägt alternativ einen Freibetrag vor. Er kritisiert, dass Gebühren beim Notar und beim Grundbuchamt vom Wert des Objekts abhängen. Die Maklercourtage sollte seiner Ansicht nach ebenfalls zumindest teilweise vom Kaufpreis entkoppelt werden.

Ein weiteres Instrument seien verbilligte Darlehen, sagt Günther: „Gerade Haushalte mit eher niedrigen Einkommen benötigen die Sicherheit einer langfristigen Zinsbindung.“ Diese sollte bis zu 25 Jahre betragen. In dem Zeitraum könnten mindestens zwei Drittel der Schuld getilgt werden.

Zielgruppe sollten vor allem Menschen im Alter zwischen 25 und 40 Jahren sein, ergänzt Dörries. Denn sie hätten genügend Zeit, im Laufe ihres Erwerbslebens die Darlehen zu begleichen. Dörries regt zudem an, staatliche Bürgschaftsprogramme aufzulegen, die fehlendes Eigenkapital ersetzen. Sicherheitsfonds für Haushalte mit geringem Einkommen minderten zudem die Gefahr einer Zwangsversteigerung.

Weitere Stellschrauben der Politik seien etwa der Ausbau des Wohnangebots sowie die Senkung der Baukosten, sagt Zaleweski. Laut zu Eicken sollten zum Beispiel die energetischen Anforderungen gelockert und kleinere Grundstücksgrößen auch für Geschosswohnungsbau freigegeben werden. Dörries fordert eine stärkere innerörtliche Verdichtung zum Beispiel durch die Aufstockung von Gebäuden sowie eine häufigere Nachnutzung von Altimmobilien. Freie Grundstücke sollten schneller zur Verfügung stehen. Mit all diesen Vorschlägen ist die Hoffnung verbunden, dass die Kaufpreise sinken.

RND

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