Nach Flugzeugabsturz in Litauen Flugschreiber geborgen, Suche nach Ursache läuft

Noch ist unklar, weshalb die Frachtmaschine bei Vilnius abgestürzt ist (Foto aktuell).
Noch ist unklar, weshalb die Frachtmaschine bei Vilnius abgestürzt ist (Foto aktuell). © Teltonika company/AP/dpa
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Update 26.11., 8.10 Uhr: Bei der Suche nach der Ursache für den Absturz eines Frachtflugzeugs aus Deutschland in Litauen erhoffen sich die Ermittler wichtige Erkenntnisse vom Auswerten der Flugschreiber.

Sowohl der Flugdatenschreiber als auch der Stimmenrekorder wurden aus dem Wrack der Swift-Air-Maschine geborgen, die im Auftrag von DHL von Leipzig in die litauische Hauptstadt Vilnius unterwegs war. Die beiden Geräte, auch als „Black Box“ bekannt, könnten Aufschluss über den Grund für den Absturz geben, der trotz Fortschritten bei den Ermittlungen weiter unklar ist.

Update 26.11., 12.45 Uhr: Einen Tag nach dem Absturz eines Frachtflugzeugs in Litauen haben die Ermittler die Flugschreiber der Unglücksmaschine geborgen. Neben dem Flugdatenschreiber sei auch der Stimmenrekorder gefunden worden, teilte das litauische Justizministerium mit. Beide Geräte seien gegen Mittag aus dem Wrack entfernt worden und sollen nun untersucht werden. Als sogenannte Black Box könnten sie Aufschluss über die bislang unbekannte Ursache des Absturzes geben.

Keine Spekulationen über Flugzeugabsturz

Update 26.11., 9.30 Uhr: Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda hat dazu aufgerufen, von allzu großen Spekulationen über die Ursache für den Absturz eines Frachtflugzeugs in Vilnius abzusehen. Die Vermutung eines möglichen Sabotageakts dürfe nicht überbetont, aber auch nicht heruntergespielt werden. Gleichzeitig könne man eine solche Version nicht ausschließen, sagte Nauseda am Morgen im litauischen Radio.

Die Maschine der Airline Swift Air, die im Auftrag von DHL von Leipzig nach Vilnius unterwegs war, war am frühen Montagmorgen in der Nähe des Flughafens Vilnius knapp neben einem Wohngebäude abgestürzt. Dabei kam ein Mensch ums Leben.

„Ich wiederhole es noch einmal: Natürlich besteht die Möglichkeit einer Sabotage, wir können sie nicht ausschließen. Daher wird dies mit aller Ernsthaftigkeit ermittelt“, sagte der litauische Präsident, der sich selbst auch bereits ein Bild von der Unglücksstelle gemacht hat. Nach seinen Angaben liegen bislang nicht ausreichend Informationen vor, um eine Unfallursache zu nennen.

Toter nach Frachtflugabsturz in Litauen

Erstmeldung 25.11., 7 Uhr: Ein in Leipzig gestartetes Frachtflugzeug im Auftrag des Postdienstleisters DHL ist am frühen Morgen in der Nähe des Flughafens der litauischen Hauptstadt Vilnius abgestürzt. Dabei kam mindestens eine Person ums Leben, wie Polizei und Rettungsdienste mitteilten. Das abstürzende Flugzeug verfehlte ein Wohngebäude mit schlafenden Menschen nur knapp. Zahlreiche Rettungskräfte waren im Einsatz.

Die Einsatzkräfte wurden um 5.28 Uhr Ortszeit von dem Absturz informiert. Nach ersten Angaben befanden sich vier Personen in dem Flugzeug. Eine Person davon sei tot, drei weitere seien verletzt ins Krankenhaus gebracht worden.

Bei dem abgestürzten Frachtflugzeug handelte es sich um eine Maschine der spanischen Fluggesellschaft Swift Air, wie DHL mitteilte. Swift Air sei unter Vertrag für DHL tätig. Etwa einen Kilometer vor dem Flughafen von Vilnius habe die Besatzung eine Notlandung einleiten müssen. Der „Status“ der Besatzung werde noch geklärt, erklärte DHL – „aber unsere Gedanken sind bei ihnen und ihren Angehörigen“.

Nach Angaben der Vertriebs- und Marketingleiterin von DHL Litauen handelte es bei dem Flugzeug um eine Boeing 737. Transportiert habe die Maschine Pakete für Kunden, sagte sie der Nachrichtenagentur BNS. Auf Bildern von der Unfallstelle waren vereinzelt Pakete und kaputte Kartons zu sehen. Das Flugzeug sei völlig zerstört, sagte eine Sprecherin des litauischen Rettungsdienstes der Nachrichtenagentur Elta.

Polizisten bewachen einen Bereich in der Nähe der Stelle, an der ein DHL-Frachtflugzeug in ein Haus nahe der litauischen Hauptstadt Vilnius gestürzt ist.© picture alliance/dpa/AP

Was führte zu dem Unglück?

Die Suche nach der Absturzursache wird nach Einschätzung des litauischen Polizeichefs einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Besichtigung des Tatorts, die Beweisaufnahme und die Sammlung von Informationen und Objekten könne eine ganze Woche dauern. „Diese Antworten werden nicht so schnell kommen“, sagte Arunas Paulauskas auf einer Pressekonferenz.

Das Flugzeug habe versucht zu landen und die Landebahn nicht erreicht, schilderte Paulauskas. Der Absturz sei „höchstwahrscheinlich auf einen technischen Fehler oder ein menschliches Versagen zurückzuführen“. Zugleich sagte er auf die Nachfrage, ob es sich auch um einen Terroranschlag gehandelt haben könnte, dass ein solches Szenario nicht auszuschließen sei. „Dies ist eine der Versionen des Absturzes, die untersucht und überprüft werden müssen. Es liegt noch viel Arbeit vor uns.“

Der Leiter des litauischen Rettungsdienstes, Renatas Pozela, sagte, dass das Frachtflugzeug wenige Kilometer vor dem Flughafen abgestürzt sei, mehrere hundert Meter weit schlitterte und seine Trümmer ein Wohnhaus erfassten. Das Haus habe zwei Etagen und vier Wohnungen. Drei Familien hätten darin gelebt. Alle zwölf Bewohner befänden sich in Sicherheit.

„Alles rot und voller Funken“

Eine Frau, die in der Nähe des betroffenen Hauses wohnt, berichtete im litauischen Rundfunk, dass sie am frühen Morgen durch ein Geräusch geweckt worden sei: „Ich habe im Schlaf ein Geräusch gehört, ich schaue aus dem Fenster – alles war rot und voller Funken“. Sie sei sofort losgerannt, um zu sehen, ob jemand Hilfe brauche. Sie stehe unter Schock: „Schrecklich, schrecklich“ sei das Ganze.

Ein Nachbar erzählte, dass er am frühen Morgen einen Lichtblitz im Hof gesehen habe: „Es gab einen Blitz. Den Aufprall selbst habe ich nicht gesehen, aber der Blitz war sehr hell, er erleuchtete den ganzen Hof, und er war etwa einen Kilometer von mir entfernt. Und dann erschien das Feuer und es gab eine Menge Rauch.“

Deutsche Sicherheitsbehörden warnten

Der Chef des litauischen Nachrichtendiensts, Darius Jauniskis, sagte nach Angaben litauischer Medien: „Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nach unserem Kenntnisstand wahrscheinlich zu früh, um den Vorfall mit irgendetwas in Verbindung zu bringen oder ihm irgendwelche Zuschreibungen zu geben.“ Dazu lägen keine vorläufigen Informationen vor. Auch er sagte, die Möglichkeit von Terrorismus könne aber nicht ausgeschlossen werden. Jauniskis versicherte außerdem, dass man auch mit ausländischen Partnern zusammenarbeite.

Ende August war bekannt geworden, dass deutsche Sicherheitsbehörden vor „unkonventionellen Brandsätzen“ warnen, die von Unbekannten über Frachtdienstleister verschickt werden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und das Bundeskriminalamt (BKA) verschickten seinerzeit einen entsprechenden Warnhinweis an Unternehmen aus der Luftfahrt- und Logistikbranche.

Die Warnmeldung wurde in Sicherheitskreisen unter anderem mit einem Vorfall im DHL-Logistikzentrum Leipzig in Verbindung gebracht, das als weltweites Drehkreuz des Unternehmens fungiert. Dort soll im Juli ein aus dem Baltikum verschicktes Paket Feuer gefangen haben, das einen Brandsatz enthielt.

In der Warnmeldung von BfV und BKA kam das Wort Russland nicht vor. Dennoch wird in Sicherheitskreisen ein Zusammenhang mit den zunehmenden Fällen russischer Sabotage in Deutschland nicht ausgeschlossen.

dpa

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