Verteidiger von Höcke legen Revision ein Urteil nicht rechtskräftig

Björn Höcke im Gerichtssaal des Landgericht Halle (Saale).
Wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen muss der AfD-Politiker Björn Höcke eine Geldstrafe zahlen. © picture alliance/dpa
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Die Verteidigung von AfD-Politiker Björn Höcke hat Revision gegen das am Dienstag vor dem Landgericht Halle gefallene Urteil eingelegt. Das bestätigte die Sprecherin des Landgerichts Halle, Adina Kessler-Jensch. Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung berichtet. Die Revision sei schon am Mittwoch (15. Mai) bei dem Gericht eingegangen und sei von Höckes Anwalt Philip Müller eingelegt worden, so die Sprecherin. Müller wollte sich dazu auf dpa-Anfrage nicht äußern.

Höcke war von dem Gericht zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er wissentlich in einer Rede eine verbotene Parole der SA (Sturmabteilung) der NSDAP verwendet hatte.

„Ja, die Revision ist eingelegt worden“, sagte auch Höckes Anwalt Ulrich Vosgerau auf dpa-Anfrage. Höckes Sprecher Robert Teske bestätigte auf Anfrage ebenfalls, dass die Verteidigung des Politikers Revision eingelegt hat. Höcke war vor Gericht von insgesamt drei Anwälten vertreten worden. Nach Angaben seines Anwalts Ralf Hornemann haben alle drei die Möglichkeit, jeweils Revision einzulegen. Hornemann sagte, er habe bislang keine Revision eingelegt.

Urteil durch Revision nicht rechtskräftig

Durch das Einlegen einer Revision geht der Fall nun an den Bundesgerichtshof. Dieser prüft das Urteil nur auf Gesetzesverletzungen – es werden also nicht noch einmal Beweise erhoben. Höcke hatte die Vorwürfe gegen ihn bis zuletzt zurückgewiesen.

Das Urteil gegen den 52 Jahre alten Thüringer AfD-Chef wird durch das Einlegen von Rechtsmitteln zunächst nicht rechtskräftig. Das Landgericht hatte ihn zu 100 Tagessätzen je 130 Euro verurteilt.

Auch die Staatsanwaltschaft hatte angekündigt, mögliche Rechtsmittel prüfen zu wollen. Sie hatte in ihrem Schlussvortrag eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten sowie eine Geldstrafe über 10.000 Euro für Höcke gefordert.

Der Staatsanwaltschaft zufolge soll Höcke wissentlich in einer Rede im Mai 2021 in Merseburg eine Parole der SA (Sturmabteilung), der paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP, verwendet haben. Er sagte dort: „Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland“. Beim dritten Teil des Dreiklangs handelt es sich um die verbotene Losung der SA. Die Staatsanwaltschaft Halle wirft Höcke vor, von der Herkunft und der Bedeutung der Losung gewusst zu haben. Der 52-Jährige hatte die Vorwürfe gegen ihn vor Gericht zurückgewiesen.

Videos als Beweismittel

Unter anderem hatten die Verteidiger Höckes die Vernehmung eines Historikers und ehemaligen Gymnasiallehrers beantragt. Dieser erklärte am Vormittag, dass die Parole der SA, wegen deren Verwendung Höcke vor Gericht steht, in der NS-Zeit „nicht besonders präsent“ gewesen sei. Weiter gab der Zeuge auf Nachfrage der Staatsanwaltschaft an, mit Götz Kubitschek das „Institut für Staatspolitik“ in Sachsen-Anhalt gegründet zu haben. Dieses war später vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden und wurde kürzlich aufgelöst.

Björn Höcke (hinten, l.), Vorsitzender der Thüringer AfD, kommt mit seinen Anwälten Ulrich Vosgerau (M.) und Philip Müller (r.) zu Beginn seines Prozesses im Landgericht.
Björn Höcke (hinten, l.), Vorsitzender der Thüringer AfD, kommt mit seinen Anwälten Ulrich Vosgerau (M.) und Philip Müller (r.) zu Beginn seines Prozesses im Landgericht.© picture alliance/dpa/AFP Pool

Vor der Vernehmung des Historikers hatte das Gericht über diverse Beweisanträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung entschieden. Daraufhin wurden auch Videos gezeigt. Eines zeigte einen Ausschnitt aus dem TV-Duell des Senders Welt, bei dem Höcke am 11. April gegen den Thüringer CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt angetreten war. Darin äußerte sich der AfD-Politiker auch zu den von der Staatsanwaltschaft Halle erhobenen Vorwürfen gegen ihn.

Ein zweites gezeigtes Video zeigt einen Auftritt von Höcke im thüringischen Gera. Dort hatte er während eines Stammtisches die Parole „Alles für Deutschland“ auch verwendet, das dritte Wort allerdings nicht selbst ausgesprochen, sondern es vom Publikum rufen lassen. Zu diesem Zeitpunkt war die Anzeige wegen der Rede in Merseburg und die Ermittlungen längst Thema in den Medien. Der Fall sollte zwischenzeitlich Teil der aktuellen Verhandlung in Halle werden, wurde es dann aber doch nicht.

Verteidigung forderte Freispruch für Höcke

Die Verteidigung hat vor dem Landgericht in Halle einen Freispruch gefordert. Der Spruch sei eigentlich vergessen gewesen, sagte Verteidiger Ralf Hornemann in seinem Schlussvortrag. Nicht Höcke, sondern die Staatsanwaltschaft habe dafür gesorgt, dass ihn nun zahlreiche Menschen kennen.

Höcke selbst richtete sich in seinem Schlusswort an die Staatsanwaltschaft. „Mein Eindruck ist, dass sie heute die Binde der Justitia nicht auf ihren Augen hatten, Herr Staatsanwalt“, sagte Höcke. „Sie haben nicht nach entlastenden Momenten gesucht.“ Zudem verwies der Politiker mehrfach darauf, dass er die Meinungsfreiheit in Deutschland als eingeschränkt sieht. Der Richter ermahnte Höcke, er solle sich zur Sache äußern und keine Wahlkampfrede halten.

Landtagswahlen in Thüringen

Der Thüringer AfD-Parteichef will am 1. September als Spitzenkandidat seiner Partei bei der Landtagswahl in Thüringen antreten. Ein Urteil des Landgerichts wird voraussichtlich keine Auswirkungen auf seine Kandidatur haben. Die AfD-Landesverbände Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt werden von den dortigen Landesämtern für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Eine Petition fordert den Entzug der Grundrechte für Höcke.

Der in Nordrhein-Westfalen geborene Höcke wird sich auch wegen weiterer Vorwürfe vor Gericht verantworten müssen: Am Landgericht Mühlhausen in Thüringen wurde eine Anklage gegen ihn wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung zugelassen. Termine für die Verhandlung gab es dort bis zuletzt noch nicht. Vor dem Landgericht in Halle soll der Fall in Gera verhandelt werden. Auch hier gibt es bislang keine Termine.

dpa

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