
Vielen Menschen bereitet schon der Kontroll-Termin bei Zahnarzt starke Bauchschmerzen. Das haben die Mediziner erkannt. So gibt es vielerorts Zahnärzte, die sich auf Angstpatienten spezialisiert haben. Zwei Zahnärzte aus Marseille in Frankreich gehören definitiv nicht dazu.
Vater und Sohn mussten sich jetzt vor Gericht verantworten, weil sie an ihren Patienten rumpfuschten. In Frankreich werden sie als „Horror-Zahnärzte“ und die „Schlächter von Marseille“ bezeichnet.
3900 gesunde Zähne gezogen – 11 pro Patient
So soll der Hauptangeklagte sich zwischen 2006 und 2012 an mehr als 300 Patienten vergangen und mit dem unnötigen Einbau von Prothesen Geld von der Krankenkasse eingeheimst haben. Er soll mehr als 3900 gesunde Zähne getötet und gezogen haben, um seinen Patienten anschließend teure Prothesen einsetzen zu können. Das sind im Schnitt elf pro Patient.
Seine Praxis hatte er 2005 in einem armen Viertel im Norden von Marseille eröffnet. Dort leben viele Menschen mit geringem Einkommen und nordafrikanischen Wurzeln. Der Zahnarzt war fleißig – empfing bis zu 70 Patienten am Tag. Sein Vater soll ihm bei den Taten geholfen haben.
Angeklagter wollte Patienten nur pflegen
Der Hauptangeklagte hatte immer wieder betont, er habe Patienten nur pflegen wollen. Doch mit seinem fragwürdigen Geschäftsmodell wurde er zum bestverdienende Zahnarzt Frankreichs – mit einem Honorar von etwa 2,9 Millionen Euro im Jahr 2010.
n-tv berichtet über seine Methode. „Nach dem ersten Termin gab es systematisch einen Behandlungsplan, um möglichst viele Zähne abzutöten und zu überkronen“, heißt es in einem Expertenbericht. Guedj hat demnach 28 Mal mehr Zahnersatz abgerechnet als ein durchschnittlicher Zahnarzt.
Patienten litten an Schmerzen, Eiterbeulen oder Zysten
Die Zeitung „Le Parisien“ berichtete, dass zahlreiche Patienten nach dem Eingriff an Schmerzen, Eiterbeulen oder Zysten litten. Teils hätten die eingebauten Prothesen auch nicht gehalten. „Ich bin verzweifelt, weil ich nicht die Mittel habe, meine Zähne neu machen zu lassen“, sagte der Betroffene Aklim Belaïd dem Sender France 3. „Ich lache nicht mehr wie früher.“
Mehr als 300 seiner enttäuschten und wütenden Patienten sind schließlich vor Gericht gezogen, so n-tv. Der Zahnarzt wurde zu acht Jahren Haft verurteilt, sein Vater zu fünf Jahren. Laut dem Sender BFM TV brach nach der Urteilsverkündung am Donnerstag bei den circa Hundert Klägern, die im Saal anwesend waren, Applaus aus. Vater und Sohn erhielten auch ein endgültiges Berufsausübungsverbot.
mit dpa