Koalition auf der Kippe? FDP-Abstimmung über Ampelausstieg: Wie es jetzt weitergeht

Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen.
Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen. © picture alliance/dpa
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Die Jungen Liberalen sagen, es sei ein Fehler. Vize-Parteichef Wolfgang Kubicki warnt, es bringe nichts, eigenes Scheitern zu dokumentieren. Aber für die FDP gibt es kein Entkommen: 500 Unterschriften von Mitgliedern sind laut Paragraf 21a der Parteisatzung nötig für eine Mitgliederbefragung. Und diese 500 Unterschriften hat der Kreisverband Kassel nun nach Angaben seines Vorsitzenden Matthias Nölke gesammelt für eine Abstimmung der 75.000 Mitglieder zu der Frage: „Soll die FDP in der Koalition mit SPD und Grünen als Teil der Bundesregierung bleiben?“

Die erste Hürde ist also wohl genommen, selbst wenn ein paar ungültige Stimmen dabei sein sollten: Rund 600 Unterschriften zählte Nölke bis Donnerstag.

Varianten der Abstimmung

Die müssen nun noch die Parteizentrale nach Berlin erreichen. Nölke sagt, in den kommenden Tagen werde er sie persönlich dort vorbeibringen. Der Antrag auf die Befragung müsse satzungsgemäß eingereicht werden, heißt es in der Parteizentrale. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai versichert, er nehme jede Stimme ernst. Mehrfach hat er in den vergangenen Wochen betont, er werde für ein ordentliches Verfahren sorgen.

Die Satzung sieht dafür mehrere Möglichkeiten vor: eine Onlineabstimmung, ein Votum per Brief oder aber die Abgabe von Wahlzetteln auf Präsenzveranstaltungen. Auch eine Kombination dieser Möglichkeiten wäre zulässig. Eine Onlineabstimmung wäre sicherlich am schnellsten und kostengünstigsten zu organisieren – und würde zum FDP-Anspruch als Digitalpartei passen. Es könnte auch die Variante sein, bei der sich wegen des geringen Aufwands mehr Mitglieder beteiligen als bei Alternativen.

Bei den Liberalen wird allerdings darauf hingewiesen, dass dabei der Anteil der spontanen Bauchentscheidungen womöglich hoch ausfallen könnte – Entscheidungen ohne ein Abwägen von Folgen etwa. Denn richtig begeistert vom Ampelbündnis ist in der FDP ja kaum jemand. Und leichter ist es durch das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts nicht geworden.

Bleiben oder gehen?

Die FDP müsse raus aus der Ampel, weil sie als Partei unter den Kompromissen mit SPD und Grünen leide, argumentiert der Kassler Nölke. „Es ist wichtiger, uns nicht zu verbiegen, als Mehrheitsbeschaffer von Rot-Grün zu agieren“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Er verweist auf die Niederlagen der FDP bei mehreren Landtagswahlen seit der Bundestagswahl. Unterstützt wird er von den 26 Verfassern eines offenen Briefs mit dem Titel „Weckruf“, vornehmlich FDP-Mitglieder ohne Parteiamt.

Die FDP werde nicht davon profitieren, wenn sie sich aus der Verantwortung stehle, hält Parteivize Kubicki dagegen, der in Koalitionsstreitereien mit den Grünen häufig ganz vorne mit dabei war. Aus parteitaktischen Gründen die Regierung zu verlassen, „wäre ein Rezept für Jahrzehnte noch schlechterer Werte“ für die Liberalen, stimmt Juli-Chefin Franziska Brandmann zu. Gerade jetzt brauche es eine Regierungspartei, die sich für solide Haushalts- und Finanzpolitik starkmache. Wäre die FDP nicht in der Regierung, „dann würden wir alles tun, dass sie in Verantwortung kommt“.

Beide Seiten verweisen auf die Europawahl im nächsten Sommer, sowie auf die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im Herbst.

Auch über Regionalkonferenzen wird in der FDP nun nachgedacht – um besser in die inhaltliche Debatte über das Für und Wider der Regierungsbeteiligung einsteigen zu können. Das allerdings kostet Zeit und Geld. Nölke und seine Mitstreitenden hoffen, dass die Abstimmung im Frühjahr stattfindet.

Bindend für die Parteispitze ist die Abstimmung in keinem Fall. Wie viel Druck durch sie entsteht, dürfte daran liegen, wie viele Mitglieder sich beteiligen. Mittlerweile haben andere Basismitglieder einen Gegenaufruf gestartet. „Liberale sind keine Drückeberger“, heißt es darin.

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