
Mit großen, dunklen Achselflecken ans Rednerpult oder zum ersten Date – allein schon bei dieser Vorstellung fängt manch einer gewaltig an zu schwitzen. Schweiß hat ein negatives Image. Wer „wie ein Schwein“ schwitzt, wirkt weder diszipliniert noch attraktiv. Schweiß hat mit Angst zu tun, mit Krankheit, mit Gestresstsein, Nervosität oder harter, körperlicher Arbeit. Wer schwitzige Hände hat oder Schweißperlen auf der Stirn, gilt noch dazu als tendenziell ungepflegt.
Aus medizinischer Sicht ist Schwitzen jedoch etwas Positives: „Schwitzen hat eine biologische Funktion“, sagt Hautarzt Stefan Rapprich aus Bad Soden. In erster Linie gehe es bei dem Vorgang darum, den Körper zu kühlen. Bei Menschen, die wenig Schweiß produzieren, besteht Gefahr einer Überhitzung oder gar eines Hitzschlags.
Schweiß tut der Haut gut
Für die Temperaturregulation des Körpers ist der Hypothalamus im Gehirn zuständig, der das vegetative Nervensystem steuert. „Ist die Körpertemperatur zu hoch, sorgt er dafür, dass vermehrt Schweiß abgesondert wird“, erklärt Rapprich. Wenn die Flüssigkeit auf der Haut verdunstet, kühlt sich der Körper ab. Auch Angst und Stress können einen ähnlichen Effekt haben wie eine Joggingrunde: Sie signalisieren dem Nervensystem Gefahr, sodass Herzfrequenz und Schweißproduktion angekurbelt werden. Für den Fall, dass Kampf oder Flucht anstehen, wird der Körper bereits vorsorglich gekühlt.
Abgesehen davon tut Schweiß der Haut gut: Er hält sie feucht und schützt sie ein Stück weit vor Entzündungen. Vor einigen Jahren haben Forschende darin einen antimikrobiellen Stoff namens Dermcidin ausgemacht, der wie eine Art Breitbandantibiotikum wirkt.
Frischer Schweiß ist geruchlos
Produziert wird die Flüssigkeit, die neben Wasser auch Salze, Harnsäure und weitere Stoffe enthält, von den ekkrinen Schweißdrüsen. Dabei handelt es sich um winzige Gebilde in der Unterhaut, die über den ganzen Körper verteilt sind. Insgesamt verfügt der Mensch über bis zu vier Millionen davon, wobei sich in den Achselhöhlen sowie an Handflächen und Fußsohlen überdurchschnittlich viele befinden.
„Wie viel Schweiß ein Mensch abgibt, ist ganz unterschiedlich“, sagt Rapprich. „Das kann ein halber Liter pro Tag sein. Ein Arbeiter am Hochofen schwitzt aber schon mal bis zu acht Liter am Tag aus.“ Deshalb ist es gerade an besonders heißen Tagen wichtig, ausreichend zu trinken.
Frischer Schweiß ist geruchlos. „Erst wenn Bakterien die Fettsäuren darin in Buttersäure zersetzen, fängt er an, schlecht zu riechen“, erklärt der Mediziner. In feucht-warmer Umgebung – unter den Achseln oder an den Füßen – gedeihen solche Keime besonders gut. Für eine individuelle Duftkomponente sorgen die apokrinen Schweißdrüsen, die unter anderem in den Achselhöhlen, an der Brust und der Genitalregion angesiedelt sind und erst in der Pubertät aktiv werden. Vor allem bei psychischer Erregung sondern sie ein milchiges Sekret ab, das bei Zersetzung für einen spezifischen Körpergeruch sorgt. Er entscheidet darüber, ob wir jemanden anziehend finden oder buchstäblich nicht riechen können.
Was gegen Schweißausbrüche hilft
Wie schnell und wie sehr wir schwitzen, ist vor allem eine Frage der Gene. Landläufig sagt man Männern nach, mehr Schweiß zu produzieren – ob das wirklich stimmt, ist unklar. „Wer größer und schwerer ist, schwitzt vielfach mehr“, sagt der Wiener Dermatologe Berthold Rzany. Auch deshalb ist es bei Übergewicht hilfreich, Gewicht zu verlieren.
Ansonsten lassen sich Schweißausbrüche etwas lindern, wenn man auf die Ernährung achtet: Kaffee, Nikotin, scharfe Speisen, Alkohol und Purine, wie sie vor allem in Fleisch und Fisch vorkommen, können das Schwitzen fördern. Umgekehrt hat Salbei eine schweißhemmende Wirkung. Als Tee oder in Kapselform kann die Pflanze Menschen, die unter starkem Schwitzen leiden, mitunter helfen.
Geruch vermeiden
Unangenehmer als ein feuchtes T-Shirt ist allerdings der penetrante, stechende Geruch. Was hilft? Der wichtigste Tipp ist ziemlich simpel. Er lautet: Öfter die Kleidung wechseln und regelmäßig waschen – am besten mit einer milden Seife, die der Hautflora nicht schadet. Es ist auch sinnvoll, sich die Achseln zu rasieren.
„Auf den Haaren sitzen schweißzersetzende Bakterien“, sagt Rapprich. „Je länger die Haare, desto mehr Oberfläche bietet man ihnen.“ Außerdem sollte man besser Kleidung aus Naturfasern wie Baumwolle oder Leinen tragen: Bei Synthetik komme es schneller zu einem Wärmestau und Geruchsbildung, wie der Dermatologe erklärt.
Aluminium im Deo – ein Problem?
Einen zuverlässigen Müffelschutz bieten zudem viele Deoroller und Antitranspirantien. Letztere bewirken tatsächlich, dass man weniger schwitzt: Bestimmte Stoffe darin, meist Aluminiumsalze, führen dazu, dass sich die Schweißporen vorübergehend verschließen. Allerdings ist Aluminium seit einigen Jahren in Verruf geraten. Wenn sich zu viel davon im Körper ansammelt, ist das laut Bundesinstitut für Risikobewertung ungesund. Denkbar sind dann Schäden am Nervensystem sowie an Nieren und Knochen.
Über die Haut wird aber offenbar nur wenig von dem Stoff aufgenommen. Bei aluminiumhaltigen Antitranspirantien hat die Behörde weitgehend Entwarnung gegeben: Gesundheitliche Beeinträchtigungen durch den regelmäßigen Gebrauch solcher Mittel seien nach aktuellem Stand unwahrscheinlich, heißt es in einer Stellungnahme. Wer sicher gehen will, kann den Stoff leicht meiden. Bei Deos ist das Angebot an aluminiumfreien Produkten immens – und wenn es nur darum geht, Gerüchen vorzubeugen, können auch sie effektiv schützen. So verhindern sie durch Alkohol, dass sich schweißzersetzende Bakterien rasch vermehren.
Wenn Schwitzen pathologisch ist
In manchen Fällen ist Menschen aber auch mit dem besten Deo nicht geholfen. Wer krankhaft schwitzt, ist ohne jeden Grund oft schweiß-gebadet. Dahinter können andere Erkrankungen oder hormonelle Störungen stecken. Lässt sich keine Ursache finden, handelt es sich um eine „primäre Hyperhidrose“: Durch eine Art Fehlschaltung im Gehirn fangen die Betroffenen in völlig unpassenden Momenten an zu schwitzen, unter Achseln, an Händen, Füßen oder auch am ganzen Körper.
Aber ab wann ist Schwitzen pathologisch? „Wenn man darunter leidet“, erklärt Rzany. Tatsächlich kann der Leidensdruck der Patientinnen und Patienten immens sein: In schweren Fällen ziehen sie sich zurück, da sie sich in Gesellschaft schämen. Um ihnen zu helfen gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten: etwa Aluminiumsalzrezepturen zum Auftragen oder „Botox“-Injektionen, die die Schweißproduktion hemmen. Bringt das alles nichts, kann man operativ eingreifen. Am schonendsten ist es, die Achselschweißdrüsen minimal-invasiv abzusaugen.
RND