
Die Misere ist bekannt: Die Brücke über den Dortmund-Ems-Kanal in Oberwiese ist marode. Doch statt frühzeitig für Ersatz zu sorgen, hat das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Duisburg-Meiderich im vergangenen April einfach die Durchfahrtshöhe auf 2,5 Meter und das zugelassene Gesamtgewicht auf 2,8 Tonnen beschränkt. Die Folge: Den benachbarten Landwirten ist der Weg auf ihre Felder versperrt. Und deshalb gehen sie auf die Barrikaden.
Die Politik versucht, was ihre Aufgabe ist, zu vermitteln, aber ihre Bemühen laufen offenbar ins Leere: Frank Schwabe, der heimische SPD-Bundestagsabgeordnete, hatte gestern zum Ortstermin mit der verkehrspolitischen Sprecherin seiner Partei, Kirsten Lühmann, an die Lohburger Straße geladen – doch am Abend zuvor erreichte sein Büro die Absage des WSA-Verantwortlichen. „Die stellen einfach auf stur“, kritisierte Frank Schwabe.
„Die Behörde spielt auf Zeit“, stellt Wolfgang Brautmeier fest
Auch Kämmerer Wolfgang Brautmeier, der stellvertretend für den Waltroper Bürgermeister Marcel Mittelbach anwesend war, fand deutliche Worte: „Die spielen in der Behörde einfach auf Zeit und warten jetzt erst einmal die Bundestagswahl ab“, sagte er enttäuscht. In einem Brief an den Bürgermeister vom 25. August sagte Enak Ferlemann, der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, lediglich zu, dass man „im Herbst“ konkrete Lösungsvorschläge vorstellen wolle. Auch die Bitte der Waltroper Stadtverwaltung, speziell für die Erntezeit gewisse Erleichterungen für die Bauern zu erlauben, sei strikt abgewiesen worden. „So geht das nicht weiter“, betonte Wolfgang Brautmeier.
Bauern begehen jeden Tag eine „kriminelle Handlung“
Die betroffenen Landwirte skizzierten nochmals ihre ziemlich ausweglose Situation: „Wir begehen schon seit Jahren jeden Tag eine kriminelle Handlung“, erregte sich Willi Pöter. Denn es existiere keine Straße, die er legal befahren könnte, um zu seinen Feldern zu kommen. „Da gibt es überall Verkehrsbeschränkungen für meine Traktoren und Anhänger – sie sind entweder zu schwer, zu hoch oder zu breit.“ Und Jodokus Niermann ergänzte: „Die Herren vom Wasser- und Schifffahrtsamt wussten schon vor zehn Jahren, dass die Brücke baufällig ist und haben uns versprochen, dass Ersatz kommt. Und was ist passiert? Nichts!“

Lühmann erläutert, wie es etwas schneller gehen könnte
Ein wenig Hoffnung versprühte die Verkehrsexpertin Kirsten Lühmann, die übrigens nicht mehr für den neuen Bundestag kandidiert, denn doch: „In dieser Legislaturperiode haben wir beschlossen, die Planungsbürokratie für Brückenprojekte, die reine Ersatzbauwerke sind, zu vereinfachen.“ Damit würde auch für die Oberwieser Brücke das aufwendige Planfeststellungsverfahren, das in der Regel allein rund drei Jahren in Anspruch nimmt, wegfallen. Und rechnet sie vor: „Die einfache Planungszeit beträgt ein Jahr, dann erfolgen drei Jahre Bauzeit. Also könnte in vier Jahren der Neubau stehen.“ Sie ergänzte mit Blick auf die Tragödie um die berühmt-berüchtigten Hebewerkbrücke: „Wenn man ein solides Unternehmen beauftragt.“
Hemmerde regt „Brückengipfel“ für Waltrop an
Einig war sich die Runde, zu der auch Detlev Dick (SPD) und Dorothee Schomberg (Aufbruch) gekommen waren, dass Waltrop permanent Druck auf das Ministerium und die Bundesbehörde ausüben müsse: „Denen muss man auf die Füße treten. Die sind doch für uns Bürger da – und dürfen sich nicht in ihren Büros verstecken!“ Beim Ausbau der nahen Straße Im Felling habe dies immerhin funktioniert.
Derweil ging CDU-Ratsherr Theo Hemmerde noch einen Schritt weiter: „Wir brauchen in Waltrop einen Brückengipfel“, meinte er. Fast alle Bauwerke über den Dortmund-Ems-Kanal seien doch in die Jahre gekommen, da stehe den Bürgern noch viel Unheil ins Haus – und nannte etwa die Lucasbrücke und die Löringhoffbrücke als künftige Problemfälle.
Warum das WSA die Verkehrsbeschränkungen an der Oberwieser Brücke verhängte
Beim Bau der Oberwieser Brücke Anfang der 1960er-Jahre wurde Spannbeton verwendet, der stark rissgefährdet ist. Bei einer Überlastung kann eine solche Konstruktion ohne Vorankündigung plötzlich versagen. Prüfungen hätten ergeben, so das WSA, dass aus Sicherheitsgründen eine Begrenzung der Nutzlast auf 2,8 Tonnen erforderlich sei, also nur für Pkw gestattet werden könne. Da diese Lastbeschränkung teilweise jedoch nur unzureichend beachtet worden sei, habe man im April 2021 die Höhenschranke installiert. Nur so könne eine Vollsperrung der Straße vermieden werden, schreibt Verkehrs-Staatssekretär Enak Ferlemann jetzt an den Waltroper Bürgermeister Marcel Mittelbach. Am Ende heißt es: Die unbefriedigende Situation für die betroffenen Landwirte könne „kein Dauerzustand“ sein.