
Das Knattern des Auspuffs ist schon von Weitem zu hören: Es ist 10.39 Uhr am Samstagmorgen auf der Hochstraße. Die BMW R60, Baujahr 1967, mit dem schicken Beiwagen führt die Parade an. Nach einem Jahr Corona-Pause ist die „ADAC Oldtimer Classic“ wieder da! Zum 14. Mal wird sie vom Motorsportclub Bork ausgerichtet – und der Stopp in Waltrop ist ein Höhepunkt der Tour.
Schon rattern die Motorräder übers Kopfsteinpflaster. Links und rechts ist der Parcours mit Strohballen abgegrenzt. „Am ADAC-Tor läuft die Zeit“, erklärt Margit Nachtigall vom AMC. „Mein Ehemann Bernd ist mit seiner Honda CB 400 N auch dabei.“ Der Motorsportverein hat Sascha Müller bei der Organisation in der Hebewerkstadt kräftig unter die Arme gegriffen.
Geschwindigkeitsprüfung auf der Hochstraße war nicht leicht
Die Prüfung, die alle 120 Teilnehmer hier absolvieren müssen, ist gar nicht so einfach: Es gilt eine 50-Meter-Strecke in genau zwölf Sekunden zu abzufahren. „Wer abweicht, kassiert bis zu acht Strafpunkte“, erklärt Margit Nachtigall. Ganze zwei Teilnehmer haben es am Ende exakt geschafft. Das ist wichtig für die Siegerehrung, die am Abend bei der Borker Fahrzeugbaufirma Wüllhorst über die Bühne geht.
So richtig Stimmung kommt auf, als die „mobilen Schätzchen“ durch die Hagelstraße rollen. Am Kiepenkerl ist eine große Rampe aufgebaut, wo jedes Gefährt einzeln präsentiert wird. Moderator Stephan Oberkönig, im Ort bestens gekannt als Teutonen-Vorstand, zeigt sich in Topform, hat für jede Fahrerin und für jeden Fahrer den passenden Spruch auf den Lippen, während Sascha Müller das Naschpaket mit Wasser und Würstchen von der Naturfleischerei Kranefoer durchs Fenster reicht. „Damit ihr nicht gleich bei Curry Heini einen Boxenstopp einlegen müsst“, kommentiert Oberkönig.
Familie Tenbrock liebt es „very british“
Und das, was die Zuschauer zu sehen bekommen, sind echte „Hingucker“, die alle eine tolle Geschichte erzählen. Drei Beispiele:
Gerd Neitemeier und Lorenz Nanni präsentieren sich im knallroten Triumph TR4. „In Waltrop sind wir immer dabei“, schwärmen die Oldtimer-Fans. Der fast 60 Jahre alte schicke Sportwagen hat 100 Pferdestärken unter die Haube und bringt 165 km/h spitze, erklären sie. „Und was schluckt der“, fragt Moderator Oberkönig neugierig? „Na, 15 bis 17 Liter Benzin tut der sich rein.“

Oldtimerverrückt ist auch die Familie Tenbrock: Papa Dr. Franz Tenbrock und Gattin Simone „residieren“ in einem roten MG TA, Baujahr 1937, während Sohnemann Jan mit Freundin Lena Schäfers im noblen Spartan durch die Fußgängerzone rollen – „very british“! „Den hat mein Vater gekauft, als ich zur Welt gekommen bin“, erklärt der Junior. „Heute darf ich ihn steuern.“
Aus Kalifornien stammt der Volvo P 1800 E, Baujahr 71, den Lieselotte Scherner und Udo Scholz über den großen Teich geholt haben: „Den hat Roger Moore mal gesteuert“, berichtet das Olfener Paar. „Ehrlich, damals in der Fernsehserie „Simon Templar“. 30.000 Euro hat uns die Limousine mit den auffälligen Heckflossen gekostet.“
Auch Käfer, Bulli, Manta und Co sind dabei
Doch nicht alle Modelle wurden von Nobelherstellern wie Porsche, Bentley, Ferrari oder Mercedes Benz gebaut – auch Alltagsmodelle sind dabei, die mit viel Liebe restauriert oder zusammengeschraubt wurden: die heißen Käfer, Bulli, Manta, Ente oder Wartburg. „Guck mal, so einen bin ich früher auch gefahren“, hieß es dann unter den zahlreichen Zuschauern vor der Bühne. Und natürlich wurde auch jede Menge Fotos geschossen!
Um 12.10 Uhr ist die Parade vorbei, Applaus kommt auf und die Teilnehmer rollen weiter nach Bergkamen, wo weitere Prüfungen auf die Oldtimer-Fahrer warten. Die benzingeschwängerte Luft am Kiepenkerl-Brunnen verflüchtigt sich wieder. Sascha Müller verteilt die letzten Naschtüten an die Kinder – und ist froh: „Bei dem Regenwetter heute Morgen gab es ein paar Ausfälle und die Cabrios wurden zugedeckt – aber hier in Waltrop hat alles prima geklappt.“ Und Stephan Oberkönig ergänzt: „Es waren endlich mal wieder richtig was los in unserer Fußgängerzone!“
Den Gesamtsieg der 14. ADAC Oldtimer Classic Bork holten sich Dr. Werner Wetekamp und Hajar Bayori aus Selm mit ihrem blauen Mercedes Benz 230 S – und sahnten damit den größten Pokal ab.
Bei den Motorrädern hatten Albert Stehle aus Castrop-Rauxel und Susanne Kaletta aus Selm die Nase vorn: Sie präsentierten ein originales ADAC-Pannenhelfer-Gespann aus dem Jahr 1962.
Zwei Fahrzeuge aus Waltrop glänzten in den Jahrgangsklassen: Dr. Franz und Simone Tenbrock im MG TA von 1937 in der Klasse bis Baujahr 1955 sowie sein Sohn Jan Tenbrock mit Lena Schäfers im Spartan Ford based in der Klasse Baujahr 1976 bis 1980.