Frédéric Baumhöfner (26) aus Waltrop hat’s getan So läuft eine Stammzellspende ab

Frederic Baumhöfner aus Waltrop liegt während der Stammzell-Spende auf einer Liege.
Frédéric Baumhöfner aus Waltrop hat Stammzellen gespendet. Fünf Stunden verbrachte er dazu auf dieser Liege zu. © privat
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Vor wenigen Wochen machte diese Nachricht über Marcel Franke, Fußballer des Zweitbundesligisten Karlsruher SC, die Runde: Franke verzichtete auf den Einsatz in einem Ligaspiel – weil er als Stammzellspender angefragt worden war. Anerkennung war dem Profi-Fußballer von allen Seiten gewiss, aber: Was passiert eigentlich genau bei einer Stammzellspende? Der Waltroper Frédéric Baumhöfner weiß es genau. Denn er wurde in diesem Jahr selbst zum Spender.

Mit 18 Jahren registrieren lassen

Als er 18 geworden sei, erzählt der heute 26-Jährige, habe er sich einen Organspende-Ausweis zugelegt und sich für die DKMS-Datenbank registrieren lassen. Die DKMS (ehemals Deutsche Knochenmarkspenderdatei) ist eine Organisation, die Stammzellspender registriert und vermittelt. Denn wer an Blutkrebs erkrankt ist, für den kann eine Stammzellspende lebensrettend sein. Jedenfalls ließ sich Baumhöfner mit 18 registrieren. Ein Wattestäbchen kam per Post, ein Abstrich innen an der Wange, das ging zurück ans Labor – fertig. Dann hörte Frédéric Baumhöfner lange nichts.

Bis zu jenem Dienstagmorgen im August 2022. Da ploppte plötzlich eine SMS auf seinem Handy auf: Er sei potenzieller Spender. Erst vermutete der Waltroper eine Spam, doch als auch noch eine Mail und ein offizieller Brief per Post ins Haus flatterte, war klar: Das ist echt.

Ob er noch immer als Spender zur Verfügung stehe, es gebe einen Empfänger, wurde er gefragt. Für Frédéric Baumhöfner war das indes keine Frage; natürlich sei er bereit! Dann ging das Verfahren los – ein Verfahren, vom dem der junge Waltroper beeindruckt erzählt: Er habe immer seine persönliche Ansprechpartnerin gehabt, das Ganze sei hochprofessionell organisiert worden, er hatte weder Kosten noch – aus seiner Sicht – große Mühen. Es folgte eine medizinische Fragerunde, dann ein Termin beim Hausarzt, der ihm eine Blutprobe fürs DKMS-Labor zur detaillierteren Untersuchung entnahm. „Zwei bis drei Wochen war danach Funkstille“, sagt Frédéric Baumhöfner. Ja, er sei nervös gewesen. „Man macht sich ja schon so seine Gedanken“, gesteht er. Gedanken allerdings, ohne viele Infos über den Empfänger zu haben.

Eine Person hält ein Registrierungs-Set der DKMS in der Hand.
So sieht ein Registrierungs-Set der DKMS aus: Das Ausfüllen der Einverständniserklärung und der Abstrich mit den Wattestäbchen dauern keine zehn Minuten, erklärt die Organisation. © Valéry Kloubert/DKMS

Denn so sind die Regeln: Beide Seiten, Spender und Empfänger, wissen im Prinzip zunächst nichts voneinander. Zum gegenseitigen Schutz. Frédéric Baumhöfner darf deswegen auch gegenüber unserer Redaktion nur sehr grobe Informationen mitteilen; der genaue Ort und Zeitpunkt der Spende darf zum Beispiel nicht genannt werden.
Jedenfalls wurde dann ein Termin mit ihm besprochen und Anreise und Aufenthalt in der Spendeklinik geplant. In der DKMS sind mehr als 11,5 Millionen potenzielle Spenderinnen und Spender registriert, davon gut 7,3 Millionen in Deutschland. Die Spenden gehen an Empfänger rund um den Globus, frei nach dem Motto „Jedes Menschenleben zählt, überall auf der Welt.“ Mehr als 100.000 zweite Lebenschancen hat die DKMS nach eigenen Angaben bereits in 57 Ländern vermittelt. Sie ist dabei ein ziemlich großer Player: Der Anteil der DKMS an weltweit vermittelten Stammzellspenden liegt bei etwa 39 Prozent.

Der Waltroper Frédéric Baumhöfner in seiner Wohnung in Waltrop vor einer beleuchteten Waltrop-Stadtsilhoutte.
Frédéric Baumhöfner möchte möglichst viele Mitmenschen ermutigen, sich auch für eine Stammzellspende zu registrieren. © Tamina Forytta

Zurück zu Frédéric Baumhöfner. Kurz vor dem vereinbarten Spendetermin gab es schlechte Nachrichten: Der gesundheitliche Zustand des Empfängers habe sich verschlechtert. Spendetermin geplatzt. Richtig niedergeschlagen sei er daraufhin gewesen, erzählt Baumhöfner. Obwohl er nichts über den Empfänger wusste. Die innere Verbundenheit aber, die war schon zu dem Zeitpunkt nicht wegzudiskutieren, trotz aller Anonymität. Im zweiten Anlauf klappte es dann, der 26-Jährige reiste an, fand sich in der Spendeklinik auf der Liege wieder, auf der er die nächsten fünf Stunden verbringen würde. Wie lange die Spende dauert, ist unterschiedlich. Sicherheitshalber war der Waltroper gebeten worden, zwei Tage für die Spende zu kalkulieren.

So lag er dann auf der Liege, zwei Schläuche in seinen Armen. Über den einen wurde sein Blut entnommen, dann in einem Apparat zentrifugiert und rote sowie weiße Blutkörperchen und Stammzellen separiert. Über den anderen Schlauch floss das nicht benötigte „Material“ zurück in Frédéric Baumhöfners Arm. Alles sei völlig problemlos gelaufen, er habe essen, fernsehen, sein Handy benutzen dürfen. Nur für den Toilettengang musste er Bescheid sagen, damit er kurzzeitig „abgestöpselt“ wurde.

Ein Brief bringt Gänsehaut und Emotionen

Topfit sei er nach der Spende gewesen, erzählt der Waltroper. Und: Dann durfte er sich auch erkundigen, für wen er denn gespendet hatte. „Ich habe mir den Kopf zerbrochen, ob ich das wissen wollte oder nicht“, sagt er. Doch irgendwann habe festgestanden: „Ich will.“ Für einen Mann hat er gespendet, so viel ist klar. Und mehr noch: Nach einigen Wochen erreichte ihn ein – anonymisierter – Brief von jenem Mann. Gänsehaut, Tränen. Er habe wohl noch nie in seinem Leben einen so emotionalen Brief gelesen, sagt Frédéric Baumhöfner. Der „fremde“ Mann habe ihm berichtet, wie sehr er sich in seiner Zeit im Krankenhaus an den Gedanken geklammert habe, dass da draußen irgendwo ein Mensch ist, der bereit sei, seine Stammzellen zu spenden. „Und dabei ist das so einfach“, sagt Frédéric Baumhöfner, der seine Mitmenschen animieren möchte, es ihm gleichzutun, sich registrieren zu lassen.

Frédéric Baumhöfner möchte gern weitergeben, dass man keine Angst vor einer solchen Spende haben muss. Die meisten dächten bei Stammzellen an eine Knochenmarkspende, sagt er. Dabei sind 90 Prozent der Spenden bei der DKMS sogenannte periphere Stammzellentnahmen, die, wie bei ihm, über eine Blutentnahme funktionieren. Nur in zehn Prozent der Fälle kommt es zu einer Knochenmarkentnahme, die dann unter Vollnarkose abläuft.

Also: Wer einer von 11.567.226 (Stand: 26.12.) potenziellen Spendern werden möchte, findet auf der Internetseite der DKMS alle Informationen, die man sich nur denken kann.

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