
Fast jeder hat schon einmal eine Stadtansicht des Heimatsmalers Clemens Wolter gesehen. Wie breit das Schaffen des 1955 verstorbenen Malers war, ist derzeit in einer Ausstellung in der Retrostation des Institutes für Stadtgeschichte zu sehen. Im Rahmen einer Führung, die Dr. Werner Koppe leitete, schlüpfte der ehemalige Schulleiter in die Rolle von Wolter. „Ich wurde am 12. März 1875 in Lippramsdorf geboren und konnte die Züge entlang der Venloer Bahn beobachten. Mein Vater war Bahnwärter“, so Koppe alias Wolter. 1905 siedelte die Familie nach Recklinghausen um. Bei Restaurator Felix Schröder absolvierte Wolter eine Malerlehre und profitierte auch vom künstlerischen Können seines Mäzens.
Koppe zeigte auf dem Weg durch die Innenstadt Fotos von Gemälden. Josef Kötte von der Plattdeutschen Bühne vervollständigte das Freiluftatelier durch eine Staffelei. Vor dem ehemaligen Gasthaus „Spökenkieker“ auf der Kunibertistraße, das früher als Treffpunkt für junge Leute diente, erläuterte „Koppe“ das Werk „Der Spökenkieker“, das um 1930 entstanden ist und eine Person mit prophetischen Fähigkeiten beschreibt. Wolter stellte ihn als Hirten dar.

Auf dem Altstadtmarkt berichtete Koppe vom bekanntesten Motiv des Malers: „Ich habe mehrere Varianten gemalt, mal waren die Häuser zu klein, dann wieder zu groß.“ Und fast immer malte Wolter eine Kutsche auf den Marktplatz, die belegte, dass er das alte Recklinghausen darstellen wollte: „Der Bergbau, die Industrialisierung und der Bau des Bahnhofs drohten das Historische zu verändern. Er wollte bewahren.“
Erstaunlich: Wolter malte einige Bilder, ohne die Szenen selbst gesehen zu haben. Die künstlerische Fantasie ließ er in seine Werke einfließen. Wolter hatte noch ein weiteres Talent, von dem die Gruppe vor dem ehemaligen Kino (Studio) an der Breiten Straße erfuhr. In den 1920er-Jahren wurde im damaligen Odeon-Theater eine Laienspielschar gegründet, aus der sich später die Plattdeutsche Heimat bildete. Wolter malte die Bühnenbilder.
Neben der Altstadtschmiede an der Schwertfegergasse 2 hat der Künstler gewohnt, nachdem 1945 das Haus an der Görresstraße zerbombt wurde. Bereits 1910 fertigte er das Gemälde „Die Altstadtschmiede“ an, in dem er einige seiner Stärken ausspielen konnte: spärliches karges Licht und das Wechselspiel zwischen hell und dunkel. „Harry Maria Eggert hat in seinen Bildern meine Motive geklaut“, ist sich Koppe/Wolter sicher, ohne das Wirken des „Vestischen Rembrandts“ infrage zu stellen.
Info: Eine weitere Wolter-Führung startet am Mittwoch, 6. Oktober, 16 Uhr, Treffpunkt: Martinistraße/Martinitor, Anmeldung: 02361/50 19 02, Kosten: 10 Euro