Im Gespräch mit Scenario Clueso im Interview: „Für mich ist Musik durchaus eine Droge“

Die Töne auf Cluesos neuem Album sind allesamt sehr entspannt. Gute Wohlfühl-Musik also. © Christoph Koestlin
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Clueso alias Thomas Hübner ist ein musikalischer Grenzgänger, der scheinbar mühelos zwischen den Genres hin- und herspringt. Auf seiner neuesten Platte „Album“ (erscheint heute) lotet er die unerschöpflichen Dimensionen des modernen Singer-Songwritertums aus, indem er Elemente von Pop, Folk, Jazz, Elektronik und Hip-Hop mit einfließen lässt. Wir haben mit ihm über sein „Album“ gesprochen.

Seit Februar 2020 hast Du allein sieben Singles veröffentlicht. Wie findest Du die Vorstellung, eines Tages nur noch einzelne Songs anstatt ganzer Alben herauszubringen?

Ich bin nie nur einen Weg gegangen. Mir macht es Spaß, einzelne Songs rauszuhauen, aber ich könnte mir auch vorstellen, kleine Inseln wie EPs zu machen und mich in Projekte zu werfen, weil ich nie nur einen Song schreibe.

Die Musik auf dem prall gefüllten Album klingt ziemlich entspannt. Hast Du die Zeit der Pandemie gar nicht als so apokalyptisch empfunden?

Die Stimmung auf der Platte gibt eher eine Sehnsucht wieder. Man kann mich auch in einen Keller werfen. Wenn da zwei Boxen, ein Mikrofon, eine Matratze und ein Fenster sind, werde ich geile Mucke machen. Dadurch, dass diese Pandemie mich eingesperrt hat, konnte ich in Ruhe machen. Das war ein schöner Moment, aber ich habe auch Unsicherheiten erlebt.

Was befeuert Deine Kreativität?

Tatsächlich andere Kunst, aber meistens nicht so perfekte. Bei perfekten Songs geht bei mir nichts auf, die bringen mich lediglich zum Staunen. Ein Zusammenspiel von Menschen, Begegnungen, Erlebnissen und Sehnsüchten macht einen guten Song aus. Für mich ist Musik durchaus eine Droge, weil es dabei sehr schnell zu einem Ergebnis kommt.

Rapper Bozza gastiert auf dem Lied „Heimatstadt“. Warum gehören die Straßen von Erfurt so sehr zu Dir?

Es gibt den Spruch „Du kriegst den Jungen von der Straße, aber nicht die Straße aus dem Jungen“. Die Gegend deiner Jugend und das Aufwachsen prägen deine Bio, egal wo du dich im Leben hinbewegst. Die Straßen von Erfurt und die Wende haben mich schon sehr geformt.

Die leeren Fabriken, das Wegrennen vor den Nazis, die aggressive Stimmung unter Jugendlichen, das erste Mal Klauen. Ich war viel draußen und bin oft bei Obrigkeiten angeeckt, sodass die Polizei mich nach Hause gefahren hat.

Wärst Du ohne die Musik auf die schiefe Bahn geraten?

Ich hätte zumindest regelmäßig Probleme mit Autoritäten und Verboten gehabt. Ich hätte mich wahrscheinlich nicht zu allzu düsteren Sachen hinreißen lassen, aber ich wäre nicht sehr weit gekommen.

Auf „Album“ gibt es 19 neue Tracks von Clueso. © Sony Music © Sony Music

Hoffst Du , bald wieder Club- oder Hallenkonzerte spielen zu können?

Mein Booker und ich erleben gerade Momente der Euphorie und der Enttäuschung. Das ist total stressig. Die Leute sind eigentlich geil auf Konzerte, aber sie trauen sich noch nicht so richtig hinzugehen. Ich war kürzlich auf einer Party mit 3-G-Regel. Das Feeling dort war ganz normal.

Wie kam es zu dem Lied „VIP“?

Mit Tim Eichel, der meine letzten drei Videos produziert hat, bin ich auf Ibiza mit dem Moped zu einer Party gefahren. Das Geräusch in dem Song ist die Pumpe am Pool, die ich so gruselig fand. Da war ein Haufen Tätowierter, von denen es hieß, sie seien Banker. Die sind immer ins Nebenzimmer gegangen und total breit wieder rausgekommen. Es war wie Sodom und Gomorra! Als wir dann wieder weggefahren sind, dachte ich, ich muss das alles sofort aufschreiben

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