
Je mehr Möglichkeiten man heutzutage hat, desto weniger weiß man, was man wirklich tun möchte. Zumindest geht es mir häufig so, dass ich mich einfach bis zur letzten Sekunde nicht entscheiden kann, was ich will und dann auf unergiebige Art und Weise versuche, alle Unternehmungen unter einen Hut zu bringen – auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen, quasi. Und das wusste Oma schon, dass man das nun mal nicht kann.
Challenges verlangen Disziplin
Ich glaube, aus dieser Entscheidungsunfreudigkeit ergibt sich meine absonderliche Vorliebe für Challenges im Internet. Challenges sind kleine Herausforderungen, denen man sich im Alltag stellen kann.
Sie sind meist auf eine bestimmte zeitliche Dauer beschränkt – zum Beispiel einen Monat lang und verlangen ein wenig Disziplin und dass man dran bleibt, um die Aufgabe bis zum Ende durchzuziehen. Aber eben nicht so lange. Ein Ende ist immer in Sicht.
Anlass und Motivation für tägliche Sporteinheit
Diese Aufgaben nehmen einem die ewige Last, sich für etwas entscheiden zu müssen. Die Last, sich selbst so gut zu kennen, dass man weiß, was man möchte.
Da gibt es zum Beispiel die sportlichen Challenges, bei denen man jeden Tag eine Yoga-Einheit macht oder eine bestimmte Anzahl von Kilometern joggen muss oder so und so lange die Plank-Position hält. Perfekt für alle, die ihre Trainingsroutine durchbrechen möchten oder extrinsische Motivation benötigen, um überhaupt Sport zu machen.

Oder man macht jeden Tag ein Foto oder nimmt eine kurze Videosequenz auf. Häufig wird bei solchen Challenges sogar das Thema des Tages vorgestellt, sodass man sich wirklich gar keine Gedanken mehr machen muss. Außer natürlich in der kreativen Umsetzung. Nur, weil das Thema „Selbstportrait“ heißt, versteht da vermutlich auch nicht jeder das Gleiche darunter.
Vielzahl an täglichen Aufgaben
Aber diese lästige Aufgabe, seinen Tag in irgendeiner Weise sinnvoll zu gestalten, wird einem durch die Challenge ein kleines bisschen abgenommen. „Koche jeden Tag ein anderes Gericht“, „30 Tage Self-Care“-, „30 Tage Happiness“-Challenge und so weiter und so fort. Man kann vermutlich alles zu einer Challenge machen. „Jeden Tag auf Klo Gehen“-Challenge oder „Endlich-mal-wirklich-früh-schlafen-gehen“-Challenge.
Gefühl von Produktivität
Vor allem geben einem diese kleinen Aufgaben das Gefühl, wirklich produktiv zu sein, obwohl sie selten so einen Mehrwert haben, dass man das tatsächlich von ihnen behaupten könnte. Man kann die Aufgaben in der Regel schnell abhaken und sich darüber freuen, dass man den ersten Punkt auf der To-Do-Liste schon erledigt hat. Auch wenn er noch so schwachsinnig ist.
Natürlich gibt es auch weniger gehaltvolle Challenges. Das sind meist die, die auf TikTok viral gehen und die vor allem die Frage danach aufwerfen, ob die Menschheit komplett vor die Hunde geht oder einfach viel zu viel Zeit mit Nonsens verbringt. Vielleicht ist die Einschätzung darüber, auch absolut subjektiv und ich muss die diversen Challenges einfach so akzeptieren, wie sie mir in der Timeline präsentiert werden. Mit ihren guten und schlechten Seiten.